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Als Lahde noch geteilt war

Wenn wir uns in der Geschichte von Lahde etwa 750 Jahre zurückversetzen, befinden wir uns in der Zeit, als in Lahde, damals „Lothe“, noch das Dominikanerinnenkloster stand. Der Edelvogt Wedekind III. vom Berge stiftete dem Dominikanerorden seinerzeit umfangreiche Ländereien in Lahde, um dort ein Kloster zu gründen. Errichtet wurde das Kloster in unmittelbarer Nähe der Lahder Kirche auf dem heutigen Mönkegarten. Im Jahr 1265 wurde es feierlich eingeweiht. Doch die Geschichte hat gezeigt, dass sich das Kloster nur kurzzeitig zu einer segensreichen Blüte entwickeln konnte. Mit dem Tod des Stifters und Schirmherren Wedekind 4 Jahre später, begann schon wieder der langsame Niedergang. Die Erben von Wedekind wollten die Schenkung rückgängig machen da sie sich in ihrem Erbe betrogen sahen. Hinzu kam, dass sie mit ihren Bemühungen gegen das Lahder Kloster nicht alleine waren. Im Norden lag das mächtige Zisterzienserkloster Loccum, das sich seinerseits in seinem Bemühen, sich nach Süden auszudehnen, gestört sah. Teils gemeinsam, teils einzeln, gingen sie gegen die Dominikanernonnen vor, um dem Kloster zu schaden. Es kam zu Verwüstungen und Brandschatzungen, auch alte urkundlich bezeugte Verträge wurden missachtet oder bewusst in Frage gestellt.

Aus dem Drängen der Loccumer Mönche heraus, ihren Einfluss auf Lothe auszubauen, ist nachvollziehbar das sie in unmittelbarer Nähe zum Lahder Kloster einen gewissen Gegenpol setzen wollten. Das, damals schon vorhandene alte Siedlungsgebiet am heutigen Kraftwerk wurde zunehmend ausgebaut und besiedelt. Hinzu kamen weitere Zukäufe und Schenkungen die den Loccumer Mönchen in die Hände spielten. So entstand ein zweiter Siedlungskern in Lahde, der natürlich auch einen eigenen Namen haben musste. Im Volksmund sprach man von „Kerklothe“ rund um die Kirche und dem nördlich gelegenen „Nordlothe“ im Einflussgebiet des Klosters Loccum.

Nach dem Umzug der Dominikanerinnen nach Lemgo beruhigte sich die Entwicklung wieder. Im Laufe der Zeit wurde Nordlothe aufgegeben und geriet weitgehend in Vergessenheit. Gerade in den letzten Jahrzehnten wurde viel über die genaue Lage der alten Siedlung „Lothlothe“ gerätselt. Erst mit den Bauarbeiten zum Kraftwerksbau kam Licht ins Dunkel der Vergangenheit. Zu diesem Thema hat Wilhelm Seele, seinerzeit Ortsheimatpfleger von Ilse, einen Artikel in den Mindener Heimatblättern verfasst. Sein Aufsatz wurde 1950 veröffentlicht. Hierin beschreibt er die damaligen Bemühungen der archäologischen Fundsicherung und gab eine historische Einordnung der Erkenntnisse. Nachfolgen sei der Artikel im Original wiedergegeben:

Wenn man das Dorf Lahde nach Norden hin verlässt, gelangt man nach einigen hundert Metern an eine „Geesthöhe“. Sie fällt nach Westen und Nordwesten zum „Altenfeld“ und zum „Lahder Bruch“, einem alten Weserarm, ab. Östlich verläuft die Kreisstraße von Minden nach Nienburg-Bremen. Sie ist wahrscheinlich die „antiqua via regia“ der Urkunden, der „Königsweg“; denn einige hundert Meter weiter heißt die Straße in alten Kaufverträgen noch der „Härweg“.

An dem Ackerland auf der Geest haftet der Flurname „Auf den Höfen“. Das Gelände war vorgeschichtlich schon lange „verdächtig“, man konnte leicht beim Absuchen einige vorzeitliche Scherben dort finden. Südlich davon, an der Gabelung des Weges nach Petershagen, liegt eine heute fast verschwundene Vertiefung, die „Kaiserkuhle“. Von diesem Gelände erzählt man sich heute folgendes:

Hier habe eine Schlacht zwischen den Franken unter Karl dem Großen und den Sachsen unter Wittekind stattgefunden. Nach seinem Sieg habe der Frankenkaiser dort Höfe anlegen lassen und an der Stelle, wo heute die Kaiserkuhle ist, einen Edelhof gebaut. Der Name Kaiserkuhle hat zu verschiedenen Deutungen und Erzählungen Anlass gegeben. Mir ist in Lahde nur folgende Fassung bekannt geworden:

„An der Stelle, wo heute die Kaiserkuhle liegt, stand in alten Zeiten ein großes, schönes Schloss mit vielen Türmen und Zinnen. Es wohnte darin ein mächtiger König mit seiner Gemahlin und seinen Prinzen und Prinzessinnen mit einem großen Hofstaat. Plötzlich ist das Schloss mit allen seinen Bewohnern in die Tiefe gesunken. Aber alle hundert Jahre, um Mitternacht, kommt es eine Stunde wieder hervor. Wehe dem Wanderer, der um diese Zeit vorbeikommt! Er wird von dem hellen Lichtglanz angezogen. Die Prinzessinnen führen ihn ins Schloss, und er bleibt hundert Jahre verzaubert.“

In diesem Gelände, das also in der Erinnerung des Volkes immer eine große Rolle gespielt hat, baut die Preußen-Elektra AG, seit 1942 im Anschluss an die Staustufe Petershagen mit einigen Unterbrechungen an einem Großkraftwerk. Beide Vorhaben, die Staustufe und das Kraftwerk, machten umfangreiche Bodenarbeiten erforderlich, so dass die Landschaft stark verändert ist. Bei der Anlage der Werkstraße wurde der Mutterboden von Baggern ausgehoben und an den Seiten getürmt. Darin fanden sich immer wieder Scherben mit frischen Bruchkanten. Als der Weg nach Petershagen über die neue Kanalbrücke in Angriff genommen wurde, kamen 3 wenig zerstörte Urnen ans Licht. Beim Bau eines Luftschutzbunkers wiederum wurde eine besonders wichtige Urne von den Arbeitern achtlos beiseite geworfen. Alle Funde deuten auf eine wichtige vorzeitliche, vielleicht sogar mittelalterliche Stelle hin.

Im März diesen Jahres wurde die für 1949 geplante Werkssiedlung in Angriff genommen. Auf der Flur „Auf den Höfen“ werden 28 Wohnhäuser gebaut, die im August bezogen werden sollen. Vier Baufirmen begannen in einem schnellen Arbeitstempo mit dem Aushub der Baugruben. Auf die erste Nachricht von Funden, die eine frühere Siedlung vermuten ließen, hat das Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte in Münster sofort mit einer Grabung begonnen. Museumsassistent Lange, der Leiter der Außenstelle Bielefeld, überwacht seit Wochen die Grabung. Die Schwierigkeiten sind groß. Die Bauarbeiten sollen keine Unterbrechung erfahren. Das Gelände zwischen den Baugruben kann nicht untersucht werden, vor allem, weil die Geldmittel nicht zur Verfügung stehen. So besteht die Hauptarbeit eigentlich nur darin, die zahlreich auftretenden Funde sorgfältig zu bergen und zu verzeichnen. Die Arbeit hat sich aber gelohnt. Eine Übersichtskarte über die bisher untersuchten Baugruben zeigt eine verwirrende Fülle von Spuren früherer Siedlung. Bodenverfärbungen ließen sich deuten als Pfostenlöcher, Schwellen, Gruben und Brunnen. Töpferware wurde in großen Mengen gefunden, auch Webgewichte und Mühlsteine und Eisenschlacke. Weil sich die Beobachtung und Grabung immer nur auf die Baugruben beschränken musste, ist es nicht möglich gewesen bis jetzt einen vollständigen Hausgrundriss festzulegen. Das ist sehr zu bedauern, denn hier wäre vielleicht eine Möglichkeit gewesen, manche offenen Probleme der mittelalterlichen Hausforschung zu lösen. Bis jetzt kann wohl gesagt werden, dass die Funde aus dem 4. bis 5. Jahrhundert v. Chr. Geb., 

dem 1. bis 4. Jahrhundert n. Chr. Geb., der Völkerwanderungszeit (5. bis 6. Jahrhundert) und aus dem 9. bis 15. Jahrhundert stammen. Es handelt sich also um eine Siedlung, die im späten Mittelalter noch bewohnt war und auch in den Urkunden des Mittelalters erwähnt sein muss. Da ergibt sich zwangsläufig die Frage nach dem Namen dieser untergegangenen Siedlung. Es kann sich nach meiner Meinung nur um das irrtümlich in Loh und auch in Bierde gesuchte Northlothe handeln. Es ist in diesem Zusammenhang nötig, auf einige urkundliche Nachrichten über Lahde und Northlothe einzugehen.

Lahde wird am 1. Februar 1168 zum ersten Mal erwähnt, als Heinrich der Löwe bei seiner Trauung mit Mechthild, der Tochter des Königs von England, der Kirche in Minden einen Hof in Lothe, Lahde, schenkte. Im Jahr 1252 taucht neben Lahde auch Northlothe auf. Das 1163 von Zisterziensern in Loccum gegründete Kloster, sehr auf den Erwerb von Ländereien bedacht, versuchte früh und schnell seinen Einfluss und seine Ansprüche nach Süden zu erweitern. Schon 1252 bestätigte Herzog Albert von Braunschweig dem Kloster den Besitz von Gütern in Northlothe, die sein Vater dem Kloster geschenkt hatte. 1253 übertrug derselbe Albert das Eigentum an 4 Hufen, das sind 120 Morgen Land, ebenfalls an Loccum. 1254 kaufte Loccum in Northlothe, die dem Domkapitel in Verden gehörenden Güter und 2 Jahre später von dem Ritter Heinrich von Lothe dessen ebenfalls dort gelegenen Besitzungen. Im selbigen Jahr schenkt Herzog Albert von Braunschweig dem Kloster Loccum wiederum zwei Höfe in Northlothe. In Verbindung mit der Gründung und der Ausstattung des Klosters Lahde durch den Edelvogt Widekind von dem Berge findet Nortlothe noch oft Erwähnung. Der neuen Gründung werden der Zehnte, ein Haus und Güter geschenkt. Ist von beiden Dörfern die Rede, lautet die Wendung immer „in utraque villa Lothen“ (in den beiden Städten Lothe). Ist Northlothe alleine gemeint, heißt es: „in altera villa adiacenti, que etiam Lodhe nuncupatur“, „in alia villa que Lodhen similiter nuncupatur“ (in der anderen Stadt, die ebenfalls Lothe heißt).

Zwischen dem Kloster Loccum, das es auch verstanden hat, in Lahde zu Landbesitz zu kommen, und dem Kloster Lahde kam es bald zu Streitigkeiten über den Besitz und Gerechtsame. Der Archidiakon Giso von Ahlen und der Pfarrer Richard in Frille mussten 1292 einen solchen Streit schlichten. Die Urkunde hierzu ist interessant. Darin ist erwähnt ein öffentlicher Weg, der „im Volksmund `vedrift` genannt wird“, und weiter, „dass das Vieh von Lahde niemals jenseits des Weges, der `verdrift` heißt und nach Northlothe gerichtet ist, getrieben werden soll“ („… de communi strata, que vulgariter verdrift dicitur …“ „pecora de Lode numquam ultra viam, que verdrift dicitur et spectat Northlothe, pellantur.”) Einige Jahre später vermittelten die Archidiakone von Ahlen und Lohe bei Nienburg in einem neuen Streit der beiden Klöster wegen der Mühle bei Gorspen, wegen eines Teiches bei Northlothe und der Fischereigerechtsamen in der Gehle. Man einigte sich auf einen gemeinsamen Besitz dieses Teiches.

Aus dem bisher Festgestellten können ohne Bedenken einige wichtige Schlüsse gezogen werden. Northlothe war ein Dorf von etwa 5 – 6 Höfen. Es muss ziemlich dicht bei Lahde gelegen haben, und zwar nördlich von Lahde. Der erwähnte „öffentliche Weg“, der nach Northlothe gerichtet war, kann nur die heute noch nach Norden aus Lahde heraus an der Kaiserkuhle vorbeiführende Kreisstraße, der „Königsweg“ sein. Vom umstrittenen Teich möchte ich annehmen, dass es sich hier um einen Teil des Lahder Bruches handelte, der ein alter Weserarm ist und in dem sich leicht ein Teich gebildet haben kann. Im 19. Jahrhundert machte das Kloster Loccum bei einem Teilungsversuch des Bruches noch Ansprüche geltend.

Alle Versuche jedenfalls, das Dorf Northlothe mit dem Dorf Loh gleichzusetzen, wie es bisher, auch von den Herausgebern der beiden Westfälischen Urkundenbücher Bd. VI und Bd. X geschehen ist, müssen als unmöglich betrachtet werden. Loh liegt nicht nördlich, sondern nordöstlich von Lahde. Es existierte im 13. Jahrhundert noch nicht. Es entstand erst im späten Mittelalter, vielleicht noch später, an einer Stelle, die mit Wald bedeckt war und „Im Loh“ hieß. Es ist nur ein Ortsteil der alten Siedlung Gorspen-Vahlsen. Auch ein Teich lässt sich bei Loh nirgends ausfindig machen.

Man hat auch in Bierde, das aber einige Kilometer östlich von Lahde liegt, die alte Siedlung Nothlothe erkennen wollen. Auch die Annahme im Urkundenbuch ist ein Irrtum. Anlass hierzu gab eine Urkunde aus dem Jahr 1311. Nach der Verlegung des Klosters Lahde nach Lemgo im Jahr 1306, wobei Kloster Loccum seine Hand im Spiel hatte, kaufte dieses sämtliche Besitzungen, auch die Klostergebäude, an. Die nun dort eingezogenen und wohnenden Loccumer Mönche fühlten sich durch das Leben und Treiben der Bevölkerung, der Männer und vor allem der Frauen, bei dem Besuch der naheliegenden Kirche und des Friedhofes in ihrer mönchischen Lebensweise gestört und gefährdet. Sie baten deshalb den Bischof Gottfried von Minden, die Pfarrkirche in Lahde zur Kapelle und die Kapelle in Northlothe zur Pfarrkirche zu machen. Das geschah in einer Urkunde des Jahres 1311. Aus bis jetzt unbekannten Gründen wurde 1317 die Kapelle in Bierde zur Pfarrkirche erhoben. Als man eine entsprechende Urkunde ausstellen wollte, half man sich erst damit, dass man in der alten Urkunde das Wort Northlothe durchstrich und „Bierethe“, Bierde, darüber schrieb. An einigen Stellen ist Northlothe ausradiert und Bierde ersetzt. Dadurch ist es gekommen, dass man irrtümlicherweise Northlothe in Bierde gesucht hat.

Die Grabungen des Landesmuseums Münster auf dem Gelände der Werkssiedlung in Lahde haben einwandfrei ergeben, dass dort das Mittelalter hindurch eine Siedlung bestanden hat. Die letzte mir bekannte Nachricht über Northlothe aus dem Kloster Loccum stammt aus dem Jahr 1471 und lautet: „Ok so de Borgers tom Petershagen zeygen unde büwen Hove und Land to Northlode/weke Howe und Land den uppgenannten van Locken behorig iß …“

Ich glaube unbedenklich sagen zu können, dass das viel gesuchte Northlothe nun endgültig wiedergefunden ist.

                                                                                                                                     Wilhelm Seele

Quellennachweis:
Universitäts- und Landesbibliothek Münster http:// sammlungen.ulb.uni-muenster.de

Auf Grundlage dieser archäologischen Funde, alter Feldhandrisse, Feldregister und Urkunden wurde seinerzeit eine Rekonstruktion der Flurstücke, sowie der damaligen Besiedlung in der Zeit um 1400 erstellt. Diese Karte wurde mir vom Meyerhof Nr. 1 überreicht und liegt heute im Stadtarchiv Neuenknick. Leider sind mir der Ersteller, sowie die zugrundliegenden Unterlagen bislang nicht bekannt. Die Karte bietet einen ungefähren Überblick, wie es vor 600 Jahren in unserer Heimat aussah. (Hier nur als Ausschnitt dargestellt.)

 

Quellennachweis: Kartenmaterial Stadtarchiv Petershagen

Abschließend stellt sich natürlich auch die Frage, warum Nordlothe in den darauffolgenden Jahrhunderten wieder aufgegeben wurde und wo die damaligen Bewohner hingezogen sind. Hierzu findet sich in einem Aufsatz von Annette Römbke aus dem Jahr 1968 eine interessante These:

„… Wann der Wüstungsvorgang (Nordlothe) eingesetzt hat, ist nicht genau zu bestimmen. Jedoch muss er im 14. oder 15. Jahrhundert begonnen haben.“ … „Wo werden sich die Nordlother Bauern wieder angesiedelt haben? Der Lahder Volksmund spricht von den „Rechlinger Buren“ als den ehemaligen Bauern Nordlothe. Man findet sie im Unterdorf, alle in einer Reihe eng nebeneinanderliegend, mit dem Giebel zur Straße hin. Nicht einmal die Scheunen hatten neben den Häusern Platz und wurden auf der anderen Straßenseite erbaut. Zu ihnen gehören die Höfe Nr. 6: Schwier, genannt Boen, Nr. 8: Wiebke, genannt Äwers, Nr. 10: Schwier, genannt Hane, Nr. 11: Pohlmann. Verfolgt man den Hofstätten, die diese Reihe fortsetzen, weiter, so folgen nach Norden die Nr. 15: Blomenberg, genannt Wiebken, Nr. 13: Heine. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite, zu den Meierhöfen hin, liegt der Hof Nr. 16: Schwier, genannt Schopmess. Seltsam ist nun, das im Urkataster von 1828 die Ländereien dieser Höfe fast ausschließlich auf den Fluren „Up den Höwen“ und „Altes Feld“ zu finden sind, während sich in der übrigen Lahder Gemarkung, abgesehen von den geteilten Gemeinheiten, kaum Besitz befindet.

So könnte der Lahder Volksmund die Wahrheit gesprochen haben. Im Übrigen ist sonst nicht viel von Nordlothe in der Erinnerung der Lahder Bevölkerung hängengeblieben, da auch durch das Wüstwerden Nordlothes wahrscheinlich die Unterscheidung von Nord- und Kerklothe wegfiel und nur noch der Name Lothe, später Lahde, blieb.“

Quellennachweis:
Facharbeit von Annette Römbke, Lahde. „Das Ortsbild Lahde und seine geschichtliche Aussage“ Stadtarchiv Petershagen

In meinen Augen sind die „Rechlinger Buren“, als Nachkommen der Nordlother Bauern, eine mögliche These, aber es wird wohl auch immer eine solche bleiben.

Damit ist das Thema „Teilung unseres Heimatdorfes Lahde“ jedoch noch nicht abgeschlossen:

Nach dem 2. Weltkrieg entstand mit dem wirtschaftlichen Aufschwung eine neue gedankliche Teilung. Noch heute spricht der Volksmund vom „Unterdorf“ und vom „Oberdorf“. Eine Definition, die in der damaligen Zeit sicher aus dem Wunsch entstanden ist, sich gegenseitig abzugrenzen. Aber wie kam es dazu? Zur Veranschaulichung: Im Jahr 1925 bestand Lahde gerade mal aus 836 Einwohnern. Der öffentliche Mittelpunkt waren der sonntägliche Gottesdienstbesuch und die wenigen „Tante Emma Läden“. Hier wurden Neuigkeiten ausgetauscht und sicher so mancher „Klatsch und Tratsch“ verbreitet. Es herrschte eine bäuerliche Idylle, in der sicher „jeder jeden kannte“. 28 Jahre später, 1953 konnte Lahde schon 1025 Einwohner verzeichnen und durch den wirtschaftlichen Aufschwung, nicht zuletzt durch das Kraftwerk, wuchs die Einwohnerzahl bis 1976 auf 2644 an. Damit hat sich die Einwohnerzahl in nur 2 Generationen seit 1925 nahezu verdreifacht. Eine Entwicklung, die sich in den damaligen „traditionsbewussten“ Köpfen sicher erst einmal setzen musste.

Auch zu dieser Entwicklung hat Annette Römbke in ihrem o.g. Aufsatz den „damaligen Zeitgeist“ beschrieben:

„Lahdes Siedlungsstruktur zeigt zwei Gesichter. So drängt sich der alte Ortskern um die Kirche herum als Haufendorf, während sich Neu-Lahde an den nach auswärts führenden Straßen entwickelte, also den Charakter eines Straßendorfes aufweist. Erst in jüngster Vergangenheit wurde das Gelände zwischen den Straßen als Bauland erklärt und zum größten Teil bebaut.

Diese Zweiteilung spiegelt sich auch in den sozialen Strukturen der Bevölkerung wieder. Finden wir im alten Haufendorf vor allem die Bauern, so siedelten sich im neuen Teil Beamte, Angestellte und Arbeiter an, die die letzte Entwicklung nach Lahde führte. Ihr Zuzug veränderte Lahde so stark, dass man heute mehr von einem Beamten- und Arbeiterdorf sprechen kann als von einem Dorf bäuerlicher Prägung. Diese Entwicklung lässt sich sowohl beim Amt Windheim zu Lahde als auch bei der Industrialisierung in ihren Folgen aufzeigen.“

Auch wenn die Begriffe „Unterdorf“ und „Oberdorf“ mitunter heute noch zu hören sind, hat sich der Prozess des „Zusammenwachsens“ unaufhaltsam durchgesetzt. Im täglichen Leben spielt diese Trennung heute keine Rolle mehr.

Februar 2020
Jürgen Nahrwold

Weitere Informationsquellen zum Thema:

  • Das Ortsbild Lahde und seine geschichtliche Aussage       >>> Download
  • Aus der Geschichte des Lahde Dominikanerinnenkloster   >>> Download 

 






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