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Archäologische Funde in Lahde

Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 20, Januar 2007)

Mit den archäologischen Funden im Baugebiet Auf dem Ufer wurde die Diskussion losgetreten: Muss die Lahder Geschichte neu geschrieben werden? Fakt ist: 1168 wurde der Lahder Name in einer Schenkungsurkunde erstmals erwähnt. Die Funde Auf dem Ufer bezeugen eine Besiedlung schon viel früher. Die Archäologen deuten die ersten Besiedlungsdaten auf eine Zeit zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert. Mehrere Gehöfte und Grubenhäuser wurden datiert. Sogar ein Brunnen wurde gefunden und ausgegraben. Ist mit diesen ersten Gebäuden die Schenkung von Heinrich dem Löwen gemeint? Sehr wahrscheinlich. Aber das waren nicht die ersten Menschen, die in dieser Gegend gelebt haben. Das beweisen uns die archäologischen Funde, an denen ein Lahder, Friedrich Brinkmann sen. entscheidend beteiligt war.

Das Dorf Lahde hat sein 830. Jubiläum gefeiert. Die erste urkundliche Erwähnung geschah jedoch zufällig, als Heinrich der Löwe dem Dom zu Minden einen Hof in Lahde schenkte. Dieses Datum kann natürlich nicht als Beginn der Besiedlung im Lahder Raum angesehen werden, denn der Hof in Lahde bestand ja schon. Der Beginn der Besiedlung lag erheblich früher. Dies beweist die Archäologie – nicht nur durch die großflächigen Ausgrabungen, auch durch die zahlreichen Beobachtungen und Lesefunde, die dem ehrenamtlichen Engagement von W. Seele, Fr. Brinkmann und E. Brohmann zu verdanken sind. Allein für die Gemarkung Lahde wurden dadurch dem Westfälischen Museum für Archäologie 44 Fundstellen bekannt. So konnte Fr. Brinkmann 1976 sechs Urnenfriedhöfe der Jungbronzezeit und Früheisenzeit, zehn Fundstellen der vorrömischen Eisenzeit, sechs aus der römischen Kaiserzeit und drei aus dem Mittelalter auflisten. Dabei hatte er die Steinzeit und den Beginn der Bronzezeit statistisch nicht berücksichtigt.

Die bisher gesicherten Funde: Steinbeile, Steingeräte, Urnen usw. vermitteln einen weitgehend repräsentativen Eindruck der Frühzeit von Lahde. Umso deutlicher wird das Bild, wenn die Ergebnisse systematischer Ausgrabungen dazukommen. Das westfälische Museum für Archäologie hat in den letzten Jahrzehnten in Lahde vor allem drei Fundstellen untersucht, die für die Zeit von etwa 1900 v. Christus bis um 350 n. Christus wertvolle Erkenntnisse lieferten. Es sind: Die Talmühle, Auf der Höge und Heyden (Kraftwerk).

Das Gräberfeld an der Talmühle war von Fr. Brinkmann 1964 am Rande einer Kiesgrube entdeckt worden. Im Vorfeld des Abbaues ausgegraben wurde es von da an und bis zum Jahre 1974 stets unter der Beteiligung des Entdeckers. Dies erbrachte eine Gesamtzahl von 332 Bestattungen, die teils bronze-, teils eisenzeitlich waren und 40 Grabeinhegungen. Auch die Entdeckung der zerpflügten Brandgräber Auf der Höge ist Fr. Brinkmann zu verdanken, der dort im Jahre 1979 zwölf Bestattungen notgeborgen hat. Vor dem Bau der Tennishalle wurde dann im Jahre 1992 vom westfälischen Museum eine Fläche von 1,3 ha untersucht, in der sich noch 37 Bestattungen und drei Siedlungsgruben befanden.

Mittelbronzezeit ( ca. 1600 – 1300 v. Christus) Leichter und sicherer zu deuten sind die Befunde aus der Mittelbronzezeit stammen. Es handelt sich um drei Grabhügel, die für je eine unverbrannte Leiche angelegt wurden.

Die Mehrzahl der Leichenbrandnester und einige Urnen von Lahde sind erst früheisenzeitlich. Die Trennungslinie zwischen Bronze- und Eisenzeit ist allerdings schwer zu ziehen, weil die Form der Gefäße und der bronzenen Gegenstände fast unverändert blieb. Auch das Erscheinungsbild der Gräber – Urnen und Leichenbrandnester – wurde zunächst beibehalten. Einige kleinere Grabeinhegungen von der Talmühle dürften in die Früheisenzeit einzustufen sein. Doch bald hörte die Sitte auf, das Grab mit einem großen Bannkreis auszuzeichnen. Die eisenzeitlichen Gräber Auf der Höge weisen keine Grabeinhegungen auf und enthielten im Übrigen keine Metallbeigaben mehr.

Besonders wichtig aber sind die Brandgrubengräber von der Talmühle deswegen, weil sie zahlreiche Metallfibeln (Gewandspangen aus Bronze und Eisen) und andere Trachtteile enthielten, die eine chronologische Unterteilung des Fundstoffes des letzten Jahrhunderts vor Christus bis zum Auszug der Römer (9 bzw. 16 n. Christus) in drei Abschnitte ermöglichte.

Im mittleren Zeitabschnitt (ca. 50 bis 10 v. Christus) enthielten die Gräber gelegentlich zwei oder drei Fibeln und fast keine Keramik mehr, dafür aber einmal die seltene Beigabe eines eisernen Armrings. Die Gewandspangen dieser Zeit, die alle aus Eisen bestanden, wurden aus guten Gründen mit einer ostgermanischen Kultur in Verbindung gebracht. Wahrscheinlich hängt dies mit der Einwanderung der Suebi (Elbgermanen) zusammen. Spätestens von nun an gilt die Bevölkerung der ganzen Region als germanisch und als zum Stamm der Cherusker gehörig. Siedlungsspuren konnten nicht gefunden werden.

Ganz anders stellen sich die Ergebnisse der archäologischen Funde der Siedlung Heyden dar. An Baubefunden ist ein Gehöft mit Resten eines dreischiffigen Wohnstallhauses, einer Grubenhütte und zwei der Vorratshaltung hoch über dem Boden dienenden Speicherbauten zu verzeichnen. Sicher belegt ist auch, die Metallverarbeitung und die Verwendung dickwandiger Lehmöfen, möglicherweise als Töpferöfen.

Zur Kenntnis der Frühgeschichte von Lahde für die Zeit von 1900 v. Christus bis um 350 n. Christus stellen die archäologischen Funde die einzige Quelle dar, die heute zur Verfügung steht. Sie sind deshalb gewiss nicht weniger bedeutend als die schriftliche Urkunde aus dem Jahre 1168 – im Gegenteil – aus ihnen lässt sich mehr ableiten als aus der bloßen Nennung eines Hofes, der vom König an den Mindener Dom geschenkt wurde, auch wenn der Hof jetzt eventuell im Baugebiet Auf dem Ufer ausgegraben wurde.

Quelle: Archäologie in Ostwestfalen, Band 3, 1998

 

Herausgeber: Ortsheimatpfleger Wilhelm Gerdes mit Unterstützung durch die Kulturgemeinschaft Lahde






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