Auswanderer Lahde Nr. 70
Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 6, Juli 2003)
In der 6. Auflage dieses Heimatblättchens möchte ich Sie um Ihre Unterstützung bitten. Davon aber später mehr.
Seit gut einem halben Jahr gibt es einen Arbeitskreis Lahder Geschichte, der sich unregelmäßig trifft, um neue Themenschwerpunkte zu setzen und Lahder Geschichte zu diskutieren. In dem Arbeitskreis arbeiten zur Zeit mit: Helmut Sackhoff (Neuer Graben), Erika und Reinhard Kassler (Unterm Berge), Gerhard Rodenbeck (Bückeburger Str.), Wilhelm Kiel (Dornenbreite), Jürgen Nahrwold (Mönkegarten), und Harald Bulmahn (Fährstr.). Gefunden haben wir uns über die Ahnenforschung. Haben Sie Interesse mitzumachen? Rufen Sie mich unter der Nummer 694 an. An einem dieser Gesprächsabende wurde diskutiert, welche geschichtlichen Themen für Lahde noch aufgearbeitet werden müssen. Wir setzten uns zwei neue Schwerpunkte der zukünftigen Arbeit: Auswanderer nach Amerika und Heringsfänger. Als Ansprechpartner für die Auswanderer dienen Erika und Reinhard Kassler. Sie möchten Ihnen auf diesem Wege Ihr Projekt vorstellen.
Wir haben den Versuch unternommen, eine vollständige Aufzählung der Auswanderer aus Lahde zusammen zu stellen. Dabei konnten wir 173 Fälle finden. Im Jahr 1845 hatte Lahde 552 Einwohner und 81 Häuser. Als Quelle dienten uns die Bücher Vivat Amerika, Heimliche Auswanderer, Archiv der Stadtverwaltung, Kirchenchronik und wirtschaftliche Entwicklung von Lahde. Die Quellen geben nur die Personalien an, in einigen Fällen auch die Eltern, auch mitreisende Familienangehörige. Wir möchten die namentliche Aufstellung der Auswanderer aber ergänzen mit Dokumenten, Briefen, Nachrichten und allen Informationen, die es wert sind, für die nachfolgenden Generationen auf zu bewahren.
Um Ihnen zu zeigen, wie wir uns das vorstellen, fangen wir mit dem Auswanderer aus unserem Haus Nr. 70, jetzt unter der Beeke 3, an. Wir sind sicher, dass in den Lahder Familien noch Dokumente der o.g. Art vorhanden sind. Bitte stellen Sie sie uns zur Verfügung. Uns ist bekannt, dass bei einigen Familien Kontakte nach Amerika bestehen.
Actum
Windheim den 9. August 1865
Es erschien der Neubauer Anton Saxowsky No 70 zu Lahde und trug vor: Mein mit anwesender Sohn Ernst Heinrich Anton Saxowsky geboren am 15. April 1848 zu Lahde, beabsichtigt mit meiner Einwilligung nach den Vereint. Staaten von Nord America auszuwandern und bittet zu diesem Behuf um Ertheilung eines Auswanderungs Consenses.
Comparenten wurden mit den Folgen der wirklichen Auswanderung bekannt gemacht und denselben eröffnet, daß mit dem Tage der Aushändigung des Auswanderungs Consenses die Rechte als Preußischer Unterthan erloschen seien und die Wiederaufnahme nicht wieder verlangt werden könne. Auch wurde denselben ein Exemplar des Memorials der Emmigrations Commission zu New York vom November 1855 ausgehändigt. Wegen der Überfahrt sprachen sich dieselben dahin aus, daß sie mit dem Agenten Kaufmann Jungkurt zu Petershagen zu contrahieren gedächten. Der Neubauer Anton Saxowsky wie sein Sohn Ernst Heinrich Saxowsky gaben nachträglich noch die eidesstattliche Versicherung ab, daß Letzterer nicht in der Absicht auswandere, um sich der diesseitigen Militärpflicht zu entziehen noch sich für fremde Militärdienste anwerben zu lassen, daß er lediglich nur deshalb auswandern beabsichtige, weil er in America ein besseres und leichteres Fortkommen als hier zu finden hoffe.
v-g-u
2336
Stempel: Ein Sechstel Thaler 5 SG
Der Consens ist zu beantragen
Windheim, dem 14. August 1865
Der Amtmann Handzeichen
Die von Königlicher Regierung unterm 28. August 1865 N: 2350 D I ausgestellte Entlassungsurkunde ist mir heute behändigt worden.
Windheim, den 4. September 1865
gez. Hinrich Saxowsky
Dem Vorgang beigefügt war ein Schreiben des Schmiedemeisters Schmiedt
den 9ten August 1865
Lieber Herr Amtmann ich bescheinige hiermit, das ich den Lehrlink Heinrich Saksofski welcher nach Amerika will entlaßen aus der Lehre aber mit der Bedingung wenn er sollte nicht ziehen, er seine ganze Lehrzeit aushalten muß, und wenn er hin zieht er so lange bey mir bleiben muß bis das er weg zieht worüber der Vater mit einverstanden ist
Schmiedemeister Schmiedt in Lahde
Olt Fort Nov. den 17. 1886
Lieben
Schwestern und Schwager u. Kinder
Lieben Schwestern abermals ist es eine Trauer Botschaft die ich euch Mittheilen muß.
Am 7. November Abends um halb sieben Uhr ist unser Schwester Auguste nach
kurzem Leiden gestorben.
Sie hatte eine Schlieme Brust womit sie ein paar Wochen kraenkelte bies sie auf
Kahm, das war am Sontag 31. habe ich zum Letztenmahl mit ihr gesprochen den
wie ich sie das nächsze mahl sah da war ihre Zunge gelähmt und sie konnte nicht
meh Sprechen sie hat nämlich am Donnerstag den 4. Nov. des Abens einen Nerfen
Schlag bekommen und hat soe gelegen bies am Dienstag zwischen 6 und 7 Uhr wo
der Herr sie abgerufn hat in ene beßere Welt. Ihre rechte Seite war gelernt sie hatte
keine Schmerzen sofiel man hat sehen könen zu leiden brauchten, möge sie Ruen in
Frieden.
Sie war Geboren am 17. April 1844 Gestorben am 9. November 1886. Sie hat somit
ihr Alter gebracht auf 42 Jahre 6 Monate 22 Tage.
Sie hat 9 Kinder gehabt 7 Knaben und zwei Mädchen wovon 5 Knaben (Tod ?) sient
die 4 wo sie zurück gelaßen ist das elteste ein Mädchen fon 15 Jahren und das
jüngste ein Knabe im Alter fon bald 18 Monaten.
Letzt Jahr im Juni hatte ich sie hier her komen laßen fon Con Cincinati woh sie in Not
waren und dan habe ich sie miet ihre familie bei mier im hause gehabt bieß zum 19.
Apr. in dieses Jahres da sient sie in ein Haus jezogen hier nahe bei mier und ihr
Mann hatt für mich jearbeitet beim Tagelohn sie haben sig eine Kuh gekauft und sie
hatten zwei gute Schwein im Stall und waren alle so weit zufrieden. Zum ersten
Mahle seit Langen sah sie wieder freudig in die Zukunft.
da setzte der Tod ihrem Leben so plotzlig ein Ziel darum wer weiß wie nahe unser
ende.
H. Saxowsky, Old Fort Seneca Ohio Nord Amerika
Ich bien mit meinen Kindern so weit Gott sei dank Gesunt und ich Hofe das auch
diese pahr reien Euch in guter Gesunt antrefen werden ich muß auch um
entschuldigung bieten das ich nicht eher geschrieben habe Lieben Schwestern ihr
weißt waß ein Häuflein Kinder ist zu mahl wen keine Muter da zwieschen ist da
vergeit einen oftens die Lust zum Schreiben Schreibt gleich wieder, euern Sohn
Ernst muß ich um Entshuldigung bieten das ich seinen Brief nicht beantwortet habe
und er möchte doch mehr schreiben seine Briefe haben mier so gut gefalen
und ich will antworten wenn möglig
Fiele Grüße von mier und meinen Kinder
H. Saxowsky Bruder und Schwager