Skip to content Skip to main navigation Skip to footer

Das damalige Polizeiwesen in Lahde

Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 4, Januar 2003)

Wie häufig im Leben hat jeder von uns mit der Polizei zu tun gehabt. Immer hatten alle ein schlechtes Gewissen oder ein banges Gefühl, wenn der Beamte kontrollierte oder ermahnte. Nennen sie sich nun Polizeibeamte, Landjäger oder in der Geschichte weiter zurück, Gendarmen. Sie waren dem Oberkreisdirektor, dem Landrat oder dem Regierungspräsidenten unterstellt und übten hoheitliche Aufgaben im Sinne der Ordnung im Staate aus. In diesem Ortsblatt möchte ich Ihnen die beiden ersten namentlich bekannten Gendarmen der Ortschaft Lahde vorstellen. Seit 1870 taucht der 1. Gendarm im Amt Windheim auf. Es mag auch schon früher Amtspersonen gegeben haben. So

ist noch selten von Polizeidiener Helbig die Rede, wohnhaft Unterm Berge, er soll uns in dieser Recherche aber nicht interessieren.

Der 1. Gendarm im Amt Windheim zu Lahde hieß Karl Sauer, geb. 15.12.1845 in Barmen. Seine genaue Berufsbezeichnung war Fußgendarm. Täglich ging er zu Fuß Teilstrecken des Amtes ab. Sein Amtsbezirk war das gesamte Amt. Seine Befehle erhielt er vom damaligen Amtmann. Hier musste er auch den Vollzug der erforderlichen Maßnahmen melden. Fußgendarm Sauer starb am 17.02.1911 in Heimsen.

In der Mitte Karl Sauer

1887 musste Fußgendarm Sauer dem berittenen Gendarmen Friedrich Dietrich Wilhelm Ziegenfuß weichen. Die Amtsgeschäfte wurden neu verteilt. Sauer beging nun die nördlichen Dörfer von Schlüsselburg bis Döhren und Ziegenfuß kontrollierte von Neuenknick bis Dankersen. Ziegenfuß, geboren 25.04.1858 in Heeren bei Hamm war Soldat bei den Ulanen mit dem militärischen Rang des Oberfahnenschmied. Auf einem Militärball in Düsseldorf lernte er seine spätere Frau Adolfine Froh (genannt Zunker), geboren 1856 in Lübeck, kennen. Das Paar hatte vier Töchter. Nach der Beendigung seines Soldatenlebens trat er in den Polizeidienst ein. Er wurde nach Lahde versetzt und wohnte zunächst bei Schwier Nr. 6. Später baute er ein Haus im Lieblichen Tal. Diese Stelle wird auch häufig noch von älteren Mitbewohnern Gendarmenhöhe genannt. Während Frau Ziegenfuß bereits 1919 starb, lebte ihr Mann bis zum 08.05.1932.

von links nach rechts: Veterinär Baumhöfner, Gendarm Ziegenfuß, Chauffeur Strathmann

Ziegenfuß war ein großer, kräftiger Mann. Seine Figur strahlte Persönlichkeit und Autorität aus. Mit seinen roten Haaren unter der zeitweise getragenen Pickelhaube forderte er Respekt. Umgeschnallt trug er einen langen Degen. An den gelben langen Stiefeln blinkten die Sporen. Das Koppelzeug war weiß. In seinem Stall standen drei Reitpferde, die er wechselnd für seine Kontrollritte benutzte. Dabei bekam er von seiner Frau täglich Verzehrgeld, damit er sich auf seinen Ausritten stärken konnte. Viele Anekdoten werden über Wachtmeister Ziegenfuß und seinen Umgang mit Menschen erzählen. Ob sie stimmen, kann ich nicht beschwören, sie zeigen aber das Bild eines korrekten Beamten.

Ziegenfuß Tochter Louise wollte mit dem Fahrrad zum Sedansfest nach Gorspen-Vahlsen radeln. Vater hatte die Erlaubnis und etwas Geld zum Verzehr gegeben. Sie setzte sich auf ihr Fahrrad und fuhr

Richtung Loher Str. In der Eile oder auch in der Vorfreude auf das Fest hatte sie vergessen, die Fahrradlampe zum Leuchten zu bringen. Kurz vor Erreichen der Loher Str. forderte eine ihr gut bekannte Stimme sie aus dem Dunkeln heraus zum Anhalten auf. Ihr eigener Vater beschuldigte sie des Fahrens ohne Licht, verlangte das Verzehrgeld als Strafe und schickte sie, das Fahrrad schiebend, wieder nach Hause. (erzählt von Harald Becker)

Wilhelm Nahrwold, Bultweg, schilderte mir eine Zusammenkunft von Ziegenfuß und seinem Großvater Christian Meier, Lahde 133. Man muss dabei wissen, dass Herr Meier die Pferde von Wachtmeister Ziegenfuß pflegte und versorgte, hatte er doch als Soldat beim Feldartillerieregiment Nr. 58 in Minden Kontakt mit Pferden. Eines Abends war Herr Meier mit seinem Fahrrad unterwegs. Weil er etwas Blinkendes auf der Erde gesehen hatte, stieg er vom Fahrrad. Wenig später wurde er angehalten. „Meier, Sie fahren ohne Licht.“ „Herr Wachtmeister, ich habe gestanden.“ „Meier, der Sattel ist aber noch warm, macht 5 Mark“, kam zur Antwort.

Großen Kummer bereitete Ziegenfuß die Wilddieberei, die besonders in den, dem Schaumburger Wald angrenzenden Ortschaften Quetzen und Raderhorst blühte. Selten nur konnte er den gerissenen Wilddieben ein Schnippchen schlagen und sie überführen. An einem Sonntagmorgen führte der „Voß“ seinen Herrn und Gebieter in Heuer Hoheitsgebiet. Einen der verdächtigen Wilddiebe traf er vor dessen Wohnhaus an. Gestützt auf

 ein reines Gewissen blinzelte dieser gelassen und unbekümmert in die sonnenbeschienene, winterlich glänzende Landschaft. „Na, Herr Nahrwold, es soll hier heute Nacht ja wieder tüchtig geknallt haben.“ „So Herr Gendarm? Ich habe nichts gehört. Wenn ich einen Hasen haben will, dann kaufe ich mir einen.“ „Herr Nahrwold, kaufen Sie sich lieber zwei!“ Mit diesen Worten gab Gendarm Ziegenfuß seinem Pferd die Sporen und ritt davon. während in Nahrwolds Küche ein leckerer Hasenbraten in der Pfanne bräunte.

1911 schreibt der Landrat an den Distriktoffizier Wein:

Euer Hochwohlgeboren, ich bitte, dem Gendarmeriewachtmeister Ziegenfuß in Lahde ausnahmsweise den Gebrauch eines Rades zu gestatten. Das Pferd des Ziegenfuß ist lahm. In dem Bezirk des Ziegenfuß herrscht Maul- und Klauenseuche, und es ist seine Obliegenheit, die Durchführung der angeordneten Maßnahmen zu kontrollieren. Dies kann er bei den weiten Entfernungen nicht durchführen, wenn er nicht ein Rad benutzen darf.

1913 wurde Wachtmeister Ziegenfuß pensioniert. Das brachte die Polizeiverwaltung in arge Schwierigkeiten. Es gab kein Dienstgebäude mehr. Herr Ziegenfuß zog sich nicht aufs Altenteil zurück. Er übernahm die Amtsgeschäfte als Leiter der Amtssparkasse. Fast 15 Jahre war die Kasse im Hause Ziegenfuß untergebracht.

Herausgeber: Ortsheimatpfleger Wilhelm Gerdes mit Unterstützung der Kulturgemeinschaft Lahde

 






Back to top