Reisebericht zum Dorfspaziergang im Lahder Auetal
16.09.2023
Der 16. September stand wieder ganz im Zeichen der Geschichte von Lahde. Die Interessengemeinschaft Heimatgeschichte Lahde hatte zu einem geschichtlichen Dorfspaziergang eingeladen. Im Mittelpunkt standen die Veränderungen in der Lahder Marsch, oder wie unsere Vorfahren einst sagten, im „Lahder Auetal“. Konkret ging es um die Frage, wie sich dieser Teil von Lahde in den zurückliegenden Jahrhunderten verändert hat und wieviel Arbeit unsere Vorfahren auf sich genommen, um dieses einzigartige Naherholungsgebiet zu schaffen? Einst ein feuchter, mit dichtem Buschwerk bewachsener Landstrich, der nicht selten 2-mal im Jahr vom Weserhochwasser überflutet wurde. Heute ein Kleinod, das schon so mancher Naturfreund zu schätzen wusste.
Bei strahlendem Sonnenschein fand der Dorfspaziergang regen Zuspruch. Die ca. 40 Teilnehmer begaben sich auf die Spurensuche, wo sich noch vor 90 Jahren die Aue ihren Weg durch die Marsch bahnte. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem einstigen Heckerhof. Wo genau stand der Hof und was ist heute noch über seine Geschichte bekannt? Auch die Klostermühle sollte heute nicht zu kurz kommen.
Los ging es mit einer kurzen Einstimmung in die Welt unserer Vorfahren. Die Aue war einst die wichtigste Lebensader für das tägliche Leben in Lahde. Bereits über Jahrhunderte hinweg sorgte sie für eine reichhaltige Vegetation in der Marsch und sicherte so das Überleben von Mensch und Tier. Andererseits konnte sie sich in Verbindung mit dem Weserhochwasser gleichermaßen in einen lebensbedrohenden Fluss verwandeln, der in der Vergangenheit auch so manchen Tribut einforderte. In den zurückliegenden Jahrhunderten ergossen sich die Wassermassen mehrmals auch durch den damaligen Ortskern und flossen mitunter über das Liebliche Tal ab. Durch die gewaltige Kraft der Wassermassen bildete sich im Laufe der Jahrhunderte das Auetal aus. Heute ist es umgeben von leichten Höhenzügen, der sogenannten „Ersten Weserterrasse“ wie auf der Karte dargestellt.
Der Spaziergang startete über den kleinen Fußweg vom Schützenhaus, der Richtung Badesee führt. Gleich am Beginn dieses Weges, liegt der Abfluss der Gullydrainage, die das Oberflächenwasser aus dem Oberdorf in die Aue ableitet. Das führte zur Frage, warum die oberhalb liegende Straße eigentlich den Namen „Neuer Graben“ trägt. Es ist zu vermuten, dass gegen Ende des 19. Jahrhundert ein Entwässerungsgraben von der Wolfskuhle bis zur Aue angelegt wurde. Der zunächst offener Graben wurde später unterirdisch geführt.
Etwas weiter östlich lag früher eine Badestelle, ein sandiger und flacher Abschnitt der Aue, in dem noch im letzten Jahrhundert so mancher Lahder Bürger das Schwimmen erlernte.
Im Zuge des Kanalbaues im Jahr 1936 wurde das Auetal vollflächig um ca. 1 m angehoben. Man befürchtete, dass durch die Kanalunterführung der Aue (Düker) der Wasserspiegel in der Marsch weiter anstieg und hierdurch das ohnehin schon sehr feuchte Auetal versumpfen würde. Beim Ausschachten des Kanalbeckens mussten insgesamt 2 Mio. cbm Boden abgetragen werden. Zur Anhebung der Marschflächen verwendete man den fruchtbaren Mutterboden, der sandige Boden kam in die Loccumer Heide.
Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Auebett verlegt. Während sich die Aue einst quer durch die Lahder Marsch schlängelte, verläuft sie heute bekanntlich entlang der Weserterrasse.
Wie auf dem Bild zu erkennen, führte damals ein Weg vom Hang der Weserterrasse, an der Friller Straße, bis an das damalige Ufer der Aue. Auch dieser unscheinbare Weg berichtet von interessanten Veränderungen aus vergangenen Tagen. Noch bis in die 1950er Jahre reichte die Quetzer Gemarkung, hier an der Friller Straße, bis an die Abbruchkante der Weserterrasse. Auch die ersten Häuser an der Friller Straße gehörten bis zur Grenzbegradigung zur Gemeinde Quetzen. Aufgrund dieser räumlichen Nähe zur Aue, hatten die Quetzer Bauern von je her auch das Recht ihr Vieh in der Aue zu tränken. Hierzu wurde eigens dieser Stichweg bis an das Aueufer angelegt.
Ein zweiter Schwerpunkt auf dem Spaziergang war die genaue Standortbestimmung des einstigen, sagenumwobene Heckerhofes. Zur Bestimmung der genauen Lage wurden hierzu zwei Landkarten übereinandergelegt. Eine aktuelle Karte und eine alte Karte aus dem Jahre 1828, in dem die Gebäude des Heckerhofes noch eingezeichnet waren. Folglich wird der Hof im Bereich des heutigen Festplatzes, neben dem Schützenhaus gestanden haben. Leider gibt es heute keine Unterlagen mehr, die etwas über das Aussehen der Gebäude, bzw. über ihre Verwendung aussagen.
Die Geschichte des Heckerhof beginnt strenggenommen mit dem Bau des Lahder Klosters im Jahre 1265. Bereits 41 Jahre später mussten die Lahder Nonnen ihr Kloster aufgrund der ständigen Anfeindungen wieder verlassen. Im 30jährigen Krieg geriet schließlich auch das Loccumer Kloster in finanzielle Nöte. So verkauften die Mönche das einstige Lahder Kloster. Im Jahre 1648 begann dann der Wiederaufbau, allerdings nicht am angestammten Sitz neben der Kirche, sondern hier im Auetal, auf dem Flurstück „Auf dem Werder“.
1: Wohngebäude?
ca. 14 m x 11 m
2: Kuhstall?
ca. 18,2 m x 10 m
3: Schafstall?
ca. 10,6 m x 7,5 m
4: Backhaus/Schmiede?
ca. 7 m x 7 m
5: Hofeinfahrt/
Wagenremise
ca. 7,8 m x 5,5 m
6: Kleine Vorratsscheune
ca. 8,3 m x 5,7 m
7: Schweinestall
ca. 5,3 m x 5,3 m
Durch die Einheirat von Conrad Hecker zog dann auch der heute noch bekannte Hofname ein. Als jedoch im Jahre 1840 keine Erben mehr vorhanden waren, wurde der Hof verkauft und die Gebäude aufgegeben. Spätestens mit der Anhebung der Marsch im Jahre 1936 wurden auch die letzten Überreste des einstigen Hofes zugeschüttet.
Als nächstes Thema stand die Klostermühle auf dem Programm. Die stolze und prachtvoll restaurierte Mühle stellt noch heute ein, über die Grenzen hinweg bekanntes Wahrzeichen von Lahde dar. Unter der Leitung von Gerd Laubmeier konnten sich die Teilnehmer einen Überblick zur geschichtlichen und technischen Entwicklung der Mühle verschaffen. Hier an der Mühle bot sich dann auch die Gelegenheit eine Verschnaufpause einzulegen. Für das leibliche Wohl sorgte ein kleiner Imbiss, der liebevoll vom Deutschen Roten Kreuz, unter der Leitung von Luise Sackhoff hergerichtet wurde.
Anschließend ging es dann „Unterm Berge“ zurück zum Festplatz. Hierbei fand auch das bereits abgerissene Spritzenhaus der Feuerwehr seine Würdigung. Bis in die 1970er Jahre stand dieses stattliche Gebäude neben der Friedhofskapelle. Das im Jahre 1933 eingeweihte Gebäude wurde seinerzeit in Eigenleistung erbaut. Zuvor gab es nur einen kleinen Holzschuppen, in dem damals die noch recht einfache Ausrüstung der Feuerwehr untergebracht war. Dieser Schuppen, der schon damals liebevoll „Spritzenhaus“ genannt wurde, stand im heutigen Kreuzungsbereich der Straßen Am Mönkegarten und Bahnhofstraße neben der Tischlerei Ötting.
Nicht weit vom Spritzenhaus entfernt, an der heutigen Auffahrt in die Siedlung „Auf dem Ufer“ lag früher einmal der Lahder Festplatz. Das damals noch vorhandene Gebäude (ehemals Mühlenbruch) gehörte einst der Gemeinde Lahde. Die noch vorhandenen Garage diente zwischenzeitlich als Unterkunft für Obdachlose. Gleichzeitig nutzte man die vorhandene Einrichtung zur Bewirtung der Festlichkeiten. Einmal im Jahr wurde in Lahde das „Befreiungsfest“ gefeiert. Es sollte an das Ende der Polenzeit im Jahre 1948 erinnern.
Der Spaziergang endete nach ca. 4 Stunden am Festplatz. Auf dem gemüdlich hergerichtete Grillplatz, „Friedrichsruh“ gab es dann noch ausreichend Gelegenheit, zum Verweilen, für weitere Gespräche oder auf für eine Erfrischung.
Abschließend lässt sich feststellen, dass der Spaziergang bei den Teilnehmern sehr gut ankam. Besonders erfreulich war das Altersspektrum der Teilnehmer. Von ca. 2 bis 85 Jahren waren alle Altersgruppen vertreten. Auch der Wunsch nach weiteren Veranstaltungen mit geschichtlichem Hintergrund wurde immer wieder zum Ausdruck gebracht. Diesem Wunsch möchte die Interessengemeinschaft Heimatgeschichte Lahde weiterhin gerne nachkommen.