Lahde 21
(Das Pfarrwitwenhaus / Alte Apotheke)


Die Geschichte der alten Hofstätte Lahde Nr. 21 reicht bis in die Reformationszeit zurück. Mit der Abkehr von der römisch-katholischen Kirche entfiel nach und nach auch das Zölibat (Ehelosigkeit) für evangelische Pfarrer. Das Gebäude wurde vom ersten evangelischen Pfarrer Hermann Wegener für seinen Sohn erbaut. Wie Anton Gottfried Schlichthaber in seinem Buch „Mindische Kirchengeschichte“ von 1749 schrieb, hatte der Sohn keine Lust zum Studieren und zog das bäuerliche Leben vor. Zur Absicherung seines Sohnes erbaute Hermann Wegener das Gebäude in unmittelbarer Nähe zum Pfarrhaus. An der Giebelseite befand sich ein Spruchbalken mit dem lateinischen Satz:
„Elige potius justam paupertatem quam iniustas divitias. Si Deus nobis, quis contra nos.“
Übersetzt:
„Wähle lieber ehrliche Armut als unehrlichen Reichtum. Wenn Gott für uns ist, wer mag wider uns sein.“
Dieser Balken kam erst beim Abriss des Gebäudes wieder zum Vorschein.
Um 1720 wurde das mittlerweile verkaufte Gebäude als Pfarrwitwenhaus genutzt. In diesem Jahr verstarb der Lahder Pfarrer Burkhard Helle, und sein Sohn Anton Heinrich Helle wurde sein Nachfolger. Seine Witwe überlebte ihren Mann weitere fünf Jahre, musste jedoch das Pfarrhaus verlassen und zog ins benachbarte Haus Nr. 21 ein. Aus dieser Zeit stammt vermutlich der Beiname „Pfarrwitwenhaus“.
Ab 1852 zog der Apothekerberuf in die Stätte ein, wobei der Besitzer mehrfach wechselte. Im Jahr 1912 kaufte Wilhelm Stackmann die Apotheke und betrieb sie 17 Jahre lang, ehe er sich zur Ruhe setzte. Ab 1937 übernahm sein Sohn Ludwig Stackmann die Apotheke. Bereits drei Jahre später zog Ludwig mit der Apotheke in das Nachbargebäude, das ehemalige Kantorhaus, um. Damit endete eine 95-jährige Apothekergeschichte auf der Stätte Nr. 21, und fortan trug das Gebäude den Beinamen „Alte Apotheke“.
Zahlreiche technische Errungenschaften prägten ebenfalls das Geschäftsleben in dem Gebäude. Neben der Postexpedition als Vorläufer des Postamtes wurden hier auch der erste Telegrafenbetrieb und das erste Telefon in Lahde in Betrieb genommen.
Im Jahr 1972 wurde das Gebäude schließlich abgerissen, da es unmittelbar am Straßenrand stand und eine Gefahrenstelle für den zunehmenden Ortsverkehr darstellte. Damit endete ein bemerkenswertes Kapitel Lahder Geschichte. Übrig geblieben ist nur der alte Balken, mit dem einst Hermann Wegener seinem Sohn moralisch den Weg geebnet hatte.
Eine ausführliche Dokumentation finden Sie hier:
Quellennachweis und weitergehende Informationen zum Thema:
1. Lahde einst und jetzt: Festschrift zur 800-Jahr-Feier der Gemeinde
1968, Gemeinde Lahde (Buch)
2. Gemeinderatsprotokolle
Diverse, Stadtarchiv Petershagen
3. Mindische Kirchengeschichte
1749, Anton Gottfried Schlichthaber
4. 100 Jahre Kirche Lahde
1995, Heinrich Rötger