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Die alte Hausnummer 76

Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 2, Juli 2002)

Alte Hausnummer 76, heute Unterm Berge 9.

Die Daten zu dieser Ausgabe wurden recherchiert von der Arbeitsgruppe Reinhard und Erika Kassler und Helmut Sackhoff. Sie beschäftigten sich viele Monate mit der Geschichte und der Wanderung (infolge Umsiedlung, Auflösung bzw. Neugründung einzelner Stätten) der Lahder Wohngebäude, die bis einschließlich des Jahres 1900 errichtet worden sind mit den Hausnummern 1 – 123, d.h. alle Gebäude, die älter als 100 Jahre alt sind. Die gesamte Dokumentation wird in Buchform in wenigen Wochen beim Ortsheimatpfleger zu erhalten sein.

Wer von Ihnen kennt dieses Haus noch? Mit ihm und seinen Bewohnern verbindet sich eine besondere Geschichte.

 

Eigentümer:
Das kleine Wohnhaus wurde um 1845 von dem Färber Gottfried Heinrich Dannenberg aus Kellinghusen erbaut. Vor dem Einzug in das kleine Wohnhaus hat H. Dannenberg mit Ehefrau und den bis dahin geborenen Kindern in dem Wohnhaus mit Schurstall auf dem Vogelbrink, der späteren Hausnummer 62 gewohnt. Eigentümer dieses Hauses war der Colon Dietrich Glihsmann, der das Anwesen zuvor von dem Aktuar Georg Heinrich Stammelbach zur Rothenmühle erworben hat.

Mutterrolle 1841 Auszug aus §1 —– Die vom Färber Dannenberg in dem Haus gemachte Färberanlagen sind selbstredend von dem Verkauf ausgeschlossen.

und weiter Auszug §8 —– den Färber Dannenberg verpachtet hat, so verpflichtet sich der Käufer gegen Einziehung der Pacht seit Michaelis dieses Jahres zur Erfüllung des dieserhalb bestehenden Pachtcontracts (Staatsarchiv Detmold)

1879 wurde das Haus für Obdachlose von der Gemeinde Lahde angekauft und durch einen Anbau erweitert.

Auszug aus der alten Chronik Lahde 1870: 1879 —- in Lahde wurde das frühere Dannenbergsche Wohnhaus Nr. 76 für Obdachlose angekauft und durch einen Anbau ergänzt. Weiter: Politische Gemeinde Lahde Gemarkung lfd. Nr. 11 Flur 2, Parzelle 425 ist vom 12. Juli eingetragen als Wohnhaus/Armenhaus, (Staatsarchiv Detmold)

Daniel Prasuhn hat im Jahr 1953 das Anwesen von der Gemeinde angekauft und danach das Gebäude durch einen Neubau ersetzt. Nachfolger war der Sohn Herbert Prasuhn. Heute ist die Witwe Frieda Prasuhn, geb. Sölter die Besitzerin.

Wer waren die Dannenbergs? Auskünfte geben uns die Kirchenbücher.

Der Färbergeselle, Tagelöhner, Heuerling und Neubauer Gottfried Heinrich Dannenberg, geb. am 21. Mai 1811 in Sensburg bei Kellinghusen war mit Anna Sophie Marie Louise Tüting, geb.  am 30.07.1809 bei Nr. 14 in Lahde verheiratet. Das Ehepaar ist am 15.03.1833 in Lahde getraut worden. Louise D. geb. Tüting ist am 16.10.1858 in Lahde Nr. 76 verstorben. Ihr Mann verstarb am 09.07.1887 in Lahde.

Bekannte Kinder:
Heinrich Gottfried, geb. 23.11.1832 bei Nr. 14, gest. 30.06.1862 bei Nr. 36

  1. Ludewike Wilhelmine Sophie Louise, geb. 25.05.1836 in Lahde Nr. ?
  2. Ida Louise Christine, geb. 25.05.1839, Heuerling auf dem Vogelbrink
  3. Christian Dietrich Wilhelm Rudolf, geb. 04.02.1844 in Lahde, auf dem Vogelbrink
  4. Christine Friederike Wilhelmine, geb. 04.02.1844 in Lahde auf dem Vogelbrink
  5. Christian Heinrich Carl, geb. 18.02.1846 in Lahde auf dem Vogelbrink
  6. Carl Friedrich Anton, geb. 11.09.1848, gest. 23.04.1849
  7. Andreas Heinrich Eduard, geb. 26.07.1850

Anmerkung:
Gemäß des Sitzungsprotokolls vom 02.02.1857 muss noch eine Tochter mit dem
Vornamen Auguste geboren sein.

Der älteste Sohn Heinrich Gottfried hat am 21.08.1856 einen Auswanderungsantrag nach Nordamerika beantragt. Ob er tatsächlich ausgewandert und dann umgehend zurückgekommen ist, lässt sich nicht feststellen, denn er hat am 02.10.1859 in Lahde als Tagelöhner die Christie Louise Daake von Nr. 63 aus Lahde geheiratet.

In der Wirklichkeit hatte die Familie Dannenberg in Lahde zur damaligen Zeit keine Chance sich in der dörflichen Lebenswelt zu integrieren, zu leben und zu existieren. Die bäuerlichen Strukturen mit den vielen Familienangehörigen, den angestammten Rollen in der Bevölkerung gingen ihnen verloren. Die Patenschaft für ihre Kinder mussten von nicht zur Familie gehörenden Personen übernommen werden. So ist es zu erklären, dass der Gemeinderat Lahde sich zweimal mit der Familie Dannenberg auseinandersetzen musste.

Protokollbuch: Weil Herr Dannenberg ein Fremder war, blieb die ganze Familie fremd. Die Eltern der Mutter verstarben bereits 1833, bzw. 1847

Übersetzung:
Es wurde der hiesige Rat einberufen, um zu beschließen, wie es mit den verarmten Kindern des Neubauern Dannenberg (hierselbst) im besten untergebracht werden, weil die Kinder keine Erziehung bei denen haben. Es wurde einstimmig beschlossen den Amtmann Christiani in Windheim zu ersuchen, die drei Kinder

  1. Rudolf, 24 Jahre
  2. Eduard, 17 Jahre
  3. * Wilhelm, 7 Jahre

in irgendeine Anstalt zur Erziehung unterbringen zu wollen, und die erforderlichen Verpflegungskosten aus der hiesigen Gemeindekasse zu entnehmen und gütigst anweisen zu wollen.

* muss ein Enkelsohn von H. Dannenberg gewesen sein, denn die Mutter der Kinder ist bereits im Oktober 1858 verstorben!

Kopie aus dem Protokollbuch von 1857:
Vom unterschriebenen Vorsteher wurde der hiesige Gemeinderat einberufen, um zu beschließen, wegen der Verpflegungsgelder der Dannenbergkinder aus der Gemeindekasse der hiesigen Gemeinde anweisen zu wollen.

So wurde einstimmig beschlossen:

1 . für die Verpflegung der Auguste den Colon Koch Nr. 28, hierselbst 12 Groschen
2.  für den Sohn Christian den Schmied Bütner, 10 Groschen
3. für den Sohn Rudolf den Neubauern Jung, 12 Groschen.

aus der Gemeindekassen anweisen zu wollen.

Dieses ist die Geschichte der Dannenbergs. Wo sind sie geblieben?

Vor dem Haus Nr. 76 stand der Ziegenbockstall. Damit beginnt die Geschichte der Kleines und der Meisolles.

Haben Sie Interesse, Weiteres zu lesen?

Bis bald.

Herausgeber: Ortsheimatpfleger Wilhelm Gerdes mit Unterstützung der Kulturgemeinschaft Lahdes

 






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