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Die alten Flurnamen, Teil 1

Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 13, April 2005)

Das älteste Kirchenbuch von Lahde besteht seit dem Jahr 1654, damals waren die Pfarrer verpflichtet, die Ereignisse jeden Jahres schriftlich festzuhalten. Das Urkataster von Lahde ist aus dem Jahr 1828. In ihm sind die Flurnamen der Gemeinde und die Besitzer der einzelnen Parzellen aufgelistet und ausgemessen. Die Flurnamen sind nicht nur sprachwissenschaftlich von Bedeutung, sie geben auch Auskunft über die geschichtliche Bedeutung einzelner Regionen. Diese zu deuten bedarf einer besonderen Fortbildung. Zur Zeit versucht der Stadtheimatpfleger Heiner Rötger ein flächendeckendes Buch über alle Flurnamen der Ortschaften der Stadt Petershagen zu erstellen. Ich möchte in diesem und dem nächsten Ortsheimatpflegerblättchen Ihnen die Flurnamen der Ortschaft Lahde neu ins Gedächtnis rufen und wo angemessen, die überlieferten Sagen dazu liefern. Der Einfachheit halber habe ich die Flurnamen nummeriert, wie sie aufeinander folgen, wenn man von der Nordwestspitze Lahdes nach Osten hin zu den Gemarkungsgrenzen um das Dorf herum geht und dann, wenn sich der Kreis geschlossen hat, von Westen nach Osten in das Dorf eindringen.

  1. Die Gartenweide
    In dem nordwestlichen Teil von Lahde liegt die Gartenweide. Es ist anzunehmen, dass sie schon früh Weidegebiet war.
  1. Die Koppel
    An die Gartenweide schließt sich südlich eine Flur an, die Koppel genannt wird. Dieser Name sagt schon, dass auch diese Flur als Weide benutzt wurde, denn die Koppel ist entstanden aus Weidekoppeln. Die Koppel gehörte früher zum Petershäger Schloss und wurde als Viehweide genutzt. Sie war von Hecken umgeben. Hier stand auch ein Ochsenstall, der Koppelhaus hieß. Das Koppelhaus gehörte einmal der Zuckerfabrik Clemens Erben aus Minden, die auf der Koppel Zuckerrüben angebaut haben. Die Sage erzählt, dass am Koppelhaus ein unterirdischer Gang entlanglaufe, der zur Kaiserkuhle führe. Am Koppelhaus sei es daher nie ganz geheuer gewesen, wie auch der Schäfer Ernst Meier bestätigte. Es war ungefähr vor 80 Jahren, als er dicht bei der Koppel seine Schafe hütete. Er schrak bei seiner Arbeit auf, als plötzlich vor ihm eine Gestalt auftauchte, wie er nie zuvor eine gesehen hatte. Auf seine Anrede erhielt er keine Antwort. Weil er sehen wollte, ob die Gestalt aus Fleisch und Blut war, hob er seinen Hirtenstab auf, um das seltsame Wesen zu schlagen. In diesem Augenblick wurde er durch eine unheimliche Gewalt auf den Rücken geworfen und blieb bewusstlos liegen. Seit dieser Zeit wurde die Koppel noch mehr gemieden als sonst.
  1. Hofbreite
    Die Hofbreite ist ein Ackerland. Plattdeutsch sagte man Hofbree. Dort muss früher einmal ein Hof gestanden haben. Man hat vor mehreren Jahren an dieser Stelle Fundamentmauern ausgegraben, die auf eine Mühle schließen lassen. Es lagen vor Jahren noch vereinzelte Mühlsteine in der Weser.
  1. Judenweide
    Eine Weide an der Hofbreite hieß Judenweide. Man nimmt an, dass diese Weide im Besitz eines Petershäger Juden war. Kein Jude hatte jemals Besitz in Lahde. Zur besonderen Erinnerung wurde diese Begebenheit Judenweide genannt.
  1. Altes Feld
    „Oolet Feeld“ wie der Flurname auf Plattdeutsch heißt, ist Ackerland. Diese Bedeutung hat es wohl schon von alters her gehabt.
  1. Jösser Bruch
    Der Jösser Bruch schließt die Lahder Flur gegen die Jösser Gemarkung ab. Wir finden dort Wiesen- und Ackerland.
  1. Bohnenbreite
    In der Bohnenbreite wurde Ton gewonnen. Der Boden ist tiefgründig und feucht. Er eignet sich deshalb gut für den Anbau von Bohnen. Diese Eigenschaft gab der Flur den Namen.
  1. Auf den Höfen und Kaiserkuhle
    Von der Flur zwischen dem Jösser Bruch und der Straße nach Windheim, die „auf den Höfen“ heißt, erzählt die Sage: Auf den Höfen“ standen drei Edelhöfe, die Karl der Große gegründet hatte. Zur selben Zeit hat er auch ein Kaiserschloss in der Kuhle südlich der drei Höfe gebaut. Bei einem Hochwasser versank das Schloss. Alle hundert Jahre erhob es sich wieder für kurze Zeit aus der Erde, bis einmal die Schlossfrau hervortrat und einem Vorrübergehenden zuwinkte. Durch den Strudel, der sich in der Kuhle bildete, wurden auch die Edelhöfe weggerissen. Ein Arm der Weser verlief in früheren Jahren wirklich durch die Kaiserkuhle. So ist es wahrscheinlich, dass es dort vermehrt Hochwasser gab. Der Grundwasserspiegel ist schon immer sehr hoch in der Kaiserkuhle.
  2. Erste und zweite Wandlung
    Die erste und zweite Wandlung sind Ackerland. In der mundartlichen Form werden sie auch „Wandlinge“ genannt. Über den Namen ist nichts bekannt. Angenommen wird, dass er von dem hier nicht gebräuchlichen „Gewanne“ oder „Gewandt“ herrührt.
  1. Der kurze Grund
    Der kurze Grund, heute ebenfalls Ackerland, war früher ein Wiesenstück, das rings herum von Wald umgeben war.
  1. Mühlenbuschflage
    Im kurzen Grund stand ein riesengroßer Dornenbusch, der Mühlenbusch genannt wurde. Die Gegend wurde dann mit „Mühlenbuschflage“, das vielleicht „Mühlenbuschfleck“ meint, bezeichnet.
  1. Die Wolfskuhle
    Die Wolfskuhle war früher mit dichtem Tannenwald bewachsen. Darum ist sie auch bekannt unter dem Namen „Die Tannen“. Von 1840 bis 1850 sind die letzten Bestände abgeholzt worden. Der frühere Holzreichtum diesseits und jenseits der Bahnlinie Minden – Nienburg wurde von der Försterei verwaltet, die 2003 abgebrannt, im Haus Lahde Nr. 49 untergebracht war. Der letzte Förster hieß Sassenberg. An der Försterei führte der Kirchweg vorbei, der von Ilserheide kommend durch die „Dornstraate“ und dem Pfarrgarten zur Kirche führte. Die Wolfskuhle gehörte eine Zeit lang zum Heckerhof, denn sie wurde am 27.10.1847 an den Colon Koch verkauft. Das dicht mit Tannenwald bewachsene Tal musste den Menschen damals unheimlich gewesen sein, wie die Sage vom Schuster Barg erzählt:Als der Schuster einmal von den Jösser Höpen nach Hause ging, sah er in den Tannen einen eigentümlichen Hund. Als er den Hund fragte, ob er der Böchsenwulf sei, rollte dieser unheimlich mit den Augen und schon fühlte der Schuster den Hund auf dem Nacken sitzen. Da wusste der Schuster, dass er den Böchsenwulf getroffen hatte. Vom Böchsenwulf wurde erzählt, dass er den Menschen auf den Rücken spränge und dann mit ihm machte was er wollte. Erst wenn der Betroffene unter ein christliches Dach komme, müsse der Wolf abspringen. Als nun der Böchsenwulf auf Schuster Bargs Rücken saß, verwirrte er den Schuster so, dass dieser die ganze Nacht herum irrte und erst bei Tagesanbruch nach Hause kam. Als Barg später einmal an der Wolfskuhle vorbei gehen musste, stand plötzlich ein Mann mit einem viereckigen Hut vor ihm. Auf dem Hute brannte eine Kerze, die dem fremden Mann ein gruseliges Aussehen gab, Als Barg ihn fragte, ob er der Düwel sei, drehte sich der Mann um und ging. Wie von einer unsichtbaren Macht gezogen, musste ihm der Schuster die ganze Nacht hindurch folgen. Drei Tage später verstarb der Schuster an der Anstrengung.
  1. Alleeweg und Im Loh
    Hinter der Bahnlinie grenzen die beiden Flure „Alleeweg“ und „Im Loh“ die Lahder Gemarkung gegen Loh und Bierde ab. Im Alleenweg gab es sicherlich einmal einen mit Bäumen bestandenen Weg, der einer Allee glich.
  1. Mönkeland und Mönkefeld
    Dem Namen nach zu schließen, gehörten die Ländereien zum Kloster. Später gehörten sie zum Heckerhof.
  1. Quetzer Feld
    Die Felder, die hinter der Bahnlinie nach Quetzen liegen, heißen Quetzer Feld.
  1. Die Seewiesen
    In dem südöstlichen Auebogen liegen sehr feuchte Wiesen. Sie wurden bei Hochwasser immer überschwemmt, bis sie durch die Umbettung der Aue, die Aufschüttung des gesamten Geländes und Entwässerung 1937 trocken gelegt wurden.
  1. Ellerkamp
    Südwestlich der Seewiesen wird eine Flur Ellerkamp genannt. Sehr wahrscheinlich haben hier früher viele Erlen gestanden.
  1. Hemkenborg
    Dicht an die Aue gedrängt  liegt, etwas erhöht, die „Hemkenborg“ oder „Herrmannsburg“ Es ist Wiesenland. Es wird angenommen, dass hier ein Zufluchtsort gewesen sei. Man konnte sehr schlecht dahin gelangen, weil die Aue, die versumpfte Seewiesen und die mit viel Gestrüpp bewachsenen Ellerkämpe die Zuwegung fast unmöglich machte.
  1. An der Dahlmühle
    An der Südostspitze der Gemarkung Lahde treibt die Aue eine Mühle an. Nach ihr nennen sich alle Wiesen und Felder. Die „Dahlmühle besteht schon seit langen Zeiten. Sie soll vom Kloster Mariensee bei Neustadt am Rübenberg im Hannoverschen gegründet worden sein. In Bodendope, einem verschwundenen Dorf zwischen Frille und Lahde wird zur Zeit des Klosters Mariensee von 1265 bis 1309 eine Mühle genannt. Diese Mühle kann schon die heutige Talmühle gewesen sein, denn 1357 wird sie bereits unter ihrem jetzigen Namen in alten Akten erwähnt und als baufällig bezeichnet. Am 24. Juni 1663 wird dem Dalmüller Jost Lange der Meierbrief von Sidonia Agnes von Mandelscho, der Priorin des Stiftes Mariensee, ausgestellt. 1739 wird durch Amtmann Stuwes Bericht über die lahmgelegte Klippmühle bei Lahde die Dahlmühle als die einzige Klipp- und Privatmühle im Amt Petershagen bezeichnet. Die Dahlmühle sei durch den Meierbrief von 1663 dem Kloster Mariensee zugehörig und müsse auch dorthin, zwischen Michaelis und Martini, fünf Malt und eine „Wiehe Scheffel guten unsträflichen markgebigen Roggens“ entsenden und zwar an den Ort und Stelle, wie es dem Convent gefällt. In einem anderen Bericht versichert Stuwe, dass dem Amt kein Schaden entstände, wenn die Mühle gangbar bliebe, da der Besitzer Hohmeier einen Eid abgelegt habe, dass er „keinen Zwang Mahlgenossen, sondern nur fremd Unterthanen fordern wolle“. 1829 wird die Talmühle durch einen Mahl-,Öl- und Graupengang erweitert. 1880 wird anstatt der beiden Wasserräder ein neues eingebaut, welches das Mahlwerk bis zur Aufgabe der Mühle betrieb.

Quellen:
Mindener Jahrbuch Band 9
Wasserbuch der Talmühle

Herausgeber: Ortsheimatpfleger Wilhelm Gerdes mit Unterstützung der Kulturgemeinschaft






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