Gemeinderatsprotokoll aus dem Jahr 1882
Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 26, Juni 2008)
Politik bestimmt nicht nur heute unser Leben. Die Politiker beschließen Gesetze, die unser aller Portemonnaie betreffen. Rente mit 67 Jahren, leere Staatskassen, Mehrwertsteuererhöhung auf 19% ab 2007 usw. Politik bestimmt auch auf unterster Ebene in der Stadt Petershagen unser Leben. Bis 1972 bestimmte die Politik in den örtlichen Gemeinden (Gemeinderat) das Geschehen. Das Protokollbuch des Gemeinderates Lahde, von mir wiedergefunden auf dem Boden bei Schopmäs (Wilhelm David) von 1844 bis 1893 gibt uns einen eindrucksvollen Einblick in das politische Geschehen des 19. Jahrhunderts. Ich möchte Ihnen in den nächsten Ortsheimatpflegerblättchen einen Eindruck davon vermitteln.
Es geht um die Einrichtung einer zweiten Lehrerstelle in Lahde und um die Erweiterung der Schule um einen zweiten Klassenraum. Die Lahder Schule befand sich an der Straße An der Kirche. Sie wurde nach dem Neubau an der Nienburger Str. abgerissen. Honecks an der Bahnhofstraße, jetzt Peter Ruhe, ehemals Heinrich Rötger, soll die Klinkersteine der ersten Lahder Schule bei seinem Neubau verwandt haben. Ob es der Ort der ersten Schule in Lahde war, ist zu vermuten.
Actum
Lahde, den 14. August 1882
Der ordnungsmäßig ergangenen Einladung zufolge waren die Mitglieder der hiesigen Schul- und Gemeindevertretung heute hier versammelt und gaben auf Mitteilung der Verfügung König. Regierung vom 12. Juli Nr. 1217 die Errichtung einer zweiten Lehrerstelle in Lahde betreffend und nach stattgehabter Beratung folgende Erklärung ab.
Die hiesige Schule ist in den letzten Jahren nach den Schulgeldhebelisten durchschnittlich von 130 bis 150 Kindern besucht, von denen in der Regel 15 der Ortschaft Loh angehören, die bei Lahde eingeschult sind und zumal in winterlicher Zeit einen weiten und bei Regen, Frost und Schnee beschwerlichen Schulweg von 3/4 Stunden zurückzulegen haben.
Kann künftig die Gemeinde Gorspen-Vahlsen, wozu Loh gehört, aus der 15 Kinder die Schule zu Lahde, 10 Kinder die Schule zu Ilserheide, 45 Kinder die Schule zu Ilse in der Regel besuchen, mal einen besonderen Schulformrat bilden, gegebenenfalls eine eigene Schulgemeinde gründen sollte, dann würde die Schülerzahl in Lahde auf 120 sich reduzieren. Auch abgesehen hiervon ist die Schülerzahl hierselbst zur Zeit nicht übergroß und unseres Erachtens ein Lehrer noch wohl im Stande, dieselben allein zu übersehen und zu unterrichten, während auf 2 Lehrer nur je 65 Kinder fallen würden. Lehrer war damals Lehrer Dedecke junior.
Die Kirchengemeinde Lahde hat erst in den Jahren 1880/81 den Neubau eines Kantorhauses zu Lahde ausführen und zur Deckung der Kosten jetzt eine 9 monatliche Staatssteuer Grund-, Gebäude-, Klassen- und Einkommenssteuer aufbringen müssen, wodurch die Baukosten noch nicht völlig gedeckt sind. Außerdem ist speziell die Gemeinde Lahde in dem chausseemäßigen Ausbau der Straße von Lahde über Bierde und Raderhorst nach Wiedensahl begriffen, welche Kosten für ihren Teil allein 15400 Mark veranschlagt sind, der erst im Jahre 1883 vollendet werden wird.
Die Kosten hierzu müssen angeliehen und demnächst durch Umlage auf die Gemeindeglieder nach Maßgabe der vierten Staatssteuer aufgebracht und zusammen abgetragen werden.
Soll die Gemeinde Lahde nun nicht in anfangs und zukunftsfähigen Stande gestört werden, dann müssen König. Regierung dringend darum bitten, von der Errichtung einer zweiten Lehrerstelle und Herstellung eines zweiten Klassenraumes solange Abstand zu nehmen, bis die Zahl der Schüler auf 150 steigt und die Chausseebaukosten völlig gedeckt sind.
Anwesend waren:
Amtmann Christiani
Vorsteher Schwier
Gemeindeverordnete: Nahrwold, Lange, Tonne, Hübel
Schulvorsteher: Gieseking, Pohlmann
es fehlte: Rieksmeier
Aktum
Lahde, den 2. Oktober 1882.
In der heutigen Versammlung der hiesigen Schul- und Gemeindeversammlung, zu welcher der ordnungsmäßigen Einladung zufolge die unten aufgeführten Mitglieder sich eingefunden hatten, wurde die Verfügung des Königl. Landratsamtes vom 11. September Nr. 8216 der Errichtung einer zweiten Lehrerstelle hierselbst betreffend mitgeteilt und sodann folgende Erklärung abgegeben. Zunächst sind wir gezwungen, die in der Verhandlung vom 14. August ausgesprochene Bitte um Genehmigung eines Ausstandes mit der Errichtung einer zweiten Lehrerstelle hierselbst wenigstens so lange, bis die gegenwärtig im Bau begriffene Chausseeanlage von hier über Bierde und Raderhorst nach Wiedensahl vollendet und die Baukosten, die fast ganz von der Gemeinde angeliehen, verzinst, und demnächst suczessive durch Umlage auf die Gemeindeglieder wieder aufgebracht werden müssen, zum größten Teile gedeckt sind, hiermit dringend zu wiederholen, welcher Bitte um so mehr zu entsprechen sein dürfte, als die Zahl der Kinder in hiesigem Jahr nicht sehr groß und der zeitige Lehrer noch recht rüstig, dieselben daher allein zu unterrichten unseres Erachtens noch vollkommen im Stande ist. Müsste die hiesige Schulgemeinde schon jetzt zur Errichtung einer zweiten Lehrerstelle schreiten, so würde dadurch die Leistungsfähigkeit der Schulinteressenten, wie wir bereits in unserer Erklärung vom 14. Oktober hervorgehoben haben, zu sehr angestrengt. Passende Räumlichkeiten zur Errichtung eines zweiten Klassenzimmers sind im hiesigen Orte nicht vorhanden. Sollte aber absolut auf die Errichtung einer zweiten Lehrerstelle und Beschaffung der dazu erforderlichen Räumlichkeiten von höherer Behörde bestanden werden, dann würde es erübrigen, zunächst ein neues Schulhaus, Klassenzimmer und Wohnung für den zweiten Lehrer durch Anbau herzustellen, wozu dann nur der, der jetzigen Schule gegenüberliegende Platz würde in Aussicht genommen werden können, oder zu erwägen sein, ob das jetzige Schulhaus nicht durch Ausbau sich verlängern bzw. vergrößern ließe, wenn der angrenzende Colon Helle zur Abtretung der dazu erforderlichen Grundfläche sich verstehen wolle.
Anwesend waren:
Amtmann Christiani
Vorsteher Schwier
Gemeindeverordnete: Nahrwold, Tonne, Lange, Hübel, Rieksmeier
Schulvorsteher: Pohlmann, Gieseking
Es fehlte: Pastor Obloh