Lahde 88
(Köhnen Ecke)

Über mehr als 100 Jahre stand hier ein großes, zweieinhalbgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus. Als Kolonialwarengeschäft entwickelte es sich rasch zu einem beliebten Treffpunkt in Lahde und darüber hinaus. Hier konnte man nicht nur die wichtigsten Dinge des täglichen Lebens kaufen, sondern man traf sich auch gerne, um am aktuellen Dorftratsch teilzuhaben.
Das stattliche Gebäude wurde im Jahr 1867 von Carl Friedrich Pohlmann von „Paulmanns Stätte“, Lahde Nr. 11, erbaut. Als Zweitgeborener musste er den elterlichen Hof verlassen und nutzte seine Abfindung als Startkapital. In den Geschäftsräumen richtete er ein Kolonialwarengeschäft ein, in dem es Haushalts-, Lebens- und Genussmittel aus aller Welt gab. Das kleine Geschäft mit seinen meist überladenen Verkaufsräumen prägte das einstige, idyllische, aber zugleich familiäre Einkaufsgefühl. Die Kunden wurden noch mit Namen begrüßt und persönlich bedient.
Da im Jahr 1890 kein leiblicher Erbe für die Nachfolge zur Verfügung stand, verkaufte Carl Friedrich Pohlmann das Geschäft im Jahr 1890 an Wilhelm Köhne. Die Familie Köhne betrieb das Geschäft mehrere Jahrzehnte. Im Laufe der Jahre wurde das Geschäft zu einem beliebten Treffpunkt. Im Volksmund sprach man liebevoll von „Köhnen Ecke“ und der wöchentliche Einkauf erhielt einen anderen Stellenwert. Die damalige Hausfrau ging nicht zwischendurch rasch zum Einkaufen. Nein, man kleidete sich angemessen und nahm sich ausreichend Zeit, um an den aktuellen Dorfnachrichten teilzuhaben.
Am 1. November 1936 übernahm Heinrich Thielking aus Hille das Geschäft. Mittlerweile bestand das Warenangebot nicht nur aus Lebensmitteln, die übrigens noch in Papiertüten eingewogen oder in Flaschen und Gefäßen abgefüllt wurden. Es gab auch alle Dinge, die im Haushalt benötigt wurden. Dazu zählten zum Beispiel Essgeschirr und Töpfe, Eimer, Kannen, Gartengeräte und Sämereien. Nur wenig wurde verpackt angeboten, wie Waschmittel und Pudding- und Backpulver. Petroleum wurde aus einem Fass in Kannen umgefüllt. Die Schulkinder kauften hier ihre Hefte, Bleistifte, Tinte, Stahlfedern für die Federhalter und Kreide.
Heinrich Thielking und seine Frau hatten eine Tochter und einen Sohn, der jedoch im Kriegsjahr 1944 ums Leben kam. Die Tochter heiratete später den Arzt Dr. Bräcklein.
Nach dem Kriegsende 1945 kamen die Tochter mit ihrem Mann, Dr. Bräcklein, nach Lahde und eröffneten eine Arztpraxis
Das Kolonialwarengeschäft verpachtete Heinrich Thielking im Jahr 1955 aus Altersgründen an Günther Traue aus Stemmer. Dieser betrieb das Geschäft noch bis 1972, wobei es auch unter dem Namen Thams & Garfs, oder kurz „Taga“, bekannt war.
Die ehemaligen Geschäftsräume an der Nienburger Straße wurden aufgelöst und nach einigen Umbaumaßnahmen eröffnete der Arzt Dr. Bräcklein hier seine Arztpraxis. Nachdem sich die Familie Bräcklein 1978 in ihren wohlverdienten Ruhestand zurückgezogen hatte, erwarb die Stadt das Grundstück und ließ das Gebäude aus verkehrstechnischen Gründen abreißen.
Eine ausführliche Dokumentation finden Sie hier:
Quellennachweis und weitergehende Informationen zum Thema:
1. Lahde einst und jetzt, Festschrift zur 800-Jahr-Feier der Gemeinde
1968, Gemeinde Lahde (Buch)
2. Lahde, Wirtschaftliche Entwicklung des Ortes
Gewerbe- u. Verkehrsverein Lahde/Weser e.V., 1979
3. Wandel an der Weser, 50 Jahre Stadt Petershagen
Stadt Petershagen, 2023
4. Private Recherchen
2018-2024, Heinrich Rodenbeck, Jürgen Nahrwold