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Lahder Sagen zum Heckerhof

Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 7, Oktober 2003)

Unsere Region und besonders Lahde ist arm an Sagen und überlieferten Geschichten. Nur einige wenige sind bekannt und die möchte ich wieder in Ihr Gedächtnis zurückrufen. Außerdem möchte ich Ihnen im späteren Teil die Geschichte des Heckerhofes berichten. Ein Gedicht von Frau Friedel Otto darf ich mit ihrer Genehmigung vorstellen.

Die bekannten Sagen handeln alle von einem ehemaligen Lahder, Johann Philipp Hecker, eine zwielichtige Person, hochverschuldet, unbeliebt, hart im Umgang mit seinem Gesinde und nicht immer wahrheitsliebend. Man sah in ihm einen Hexenmeister. In einer Zeit ohne Straßenbeleuchtung bei Kerzen- oder Petroleumlicht werden die Winterabende lang und man erfand Geschichten, die sicherlich nicht der Wahrheit entsprachen.

Sagen:

Eines Tages im Spätsommer schickte Hecker seine Knechte und Mägde aufs Feld, um Getreide zu mähen. Er selbst hatte in Minden zu tun. Gleichzeitig ermahnte er sie noch, recht fleißig zu sein, er würde auch in seiner Abwesenheit von ihrer Tätigkeit erfahren. Seine Worte wurden wohl nicht ernst genommen, denn es entwickelte sich eine frohe Stimmung, so dass der Arbeitseifer zu kurz kam. Plötzlich kam ein großer schwarzer Hund über einen angrenzenden Rübenacker auf sie zu und trieb das Gesinde auseinander und dann wieder zusammen. Er war dann plötzlich wieder verschwunden. Einer der Mägde hatte der Hund sogar die Schürze zerrissen. Man erinnerte sich dann wieder an die Worte des Bauern und arbeitete bis zum Sonnenuntergang fleißig. Abends wurde auf der großen Diele gemeinsam zu Abend gegessen. Die dem Bauern am nächsten Sitzenden erzählten später, dass sie zwischen den Zähnen des Bauern bunte Fäden gesehen hätten, die zu der Schürze der Magd passten.

Hecker hatte auf dem jetzigen Vogelbrink drei (waren und zwei) Scheunen. Drei Jahre lang soll dort jeden Abend ein wolfsähnlicher grauer Hund aufgetaucht sein. Er lag zweieinhalb Jahre vor der einen und ein halbes Jahr vor der zweiten Scheune. Morgens verschwand der Hund wieder spurlos. Einige mutige Bauern verfolgten den Hund. Er verschwand in einem Gebüsch nahe des Standortes des Heckerhofes. Während der ganzen Zeit fraß der Hund nichts anderes als die Asche verbrannter Häuser.

Die Knechte und Mägde waren nie vor ihm sicher. Wenn sie sich auf dem Feld allein glaubten und sich von der schweren Arbeit ausruhen wollten, lief Hecker als Hund durch die Furchen, damit sie entsetzt wieder an die Arbeit gingen. Abends, wenn die Knechte die Pferde fütterten, legte er sich in Hundegestalt auf den Misthaufen, damit von ihnen kein Futter mit nach Hause genommen werden konnte.

Hecker konnte an drei Stellen gleichzeitig sein. Er konnte aber nur an einem Ort sprechen. Als eine Magd einmal in eine Glasscheibe sah, um ihre Haare zu richten, stand er plötzlich hinter ihr. Man wusste aber bestimmt, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Hof war.

Auch in einen Böchsenwulf hat sich der Bauer verwandeln können. Als seine Frau im roten Rock durch den Ort geritten ist, wurde sie von einem Wolf vom Pferd gerissen. Als er am nächsten Morgen noch Reste vom Rock zwischen den Zähnen hatte, wusste man, dass er der Wolf war.

Als der Schuster Barg einmal von den Höpen nach Hause ging, gewahrte er in den Tannen (Wolfskuhle) einen eigentümlich aussehenden Hund. Er fragte den Hund: “Bist du der Böchsenwulf?“ Da rollte dieser unheimlich mit den Augen und schon fühlte der Schuster den Hund auf dem Nacken. Jetzt wusste er, dass er den Böchsenwulf getroffen hatte. Der Hund verwirrte den Schuster derart, dass dieser die ganze Nacht herumirrte und erst bei Tagesanbruch nach Hause fand.

Auch über seinen Tod gibt es sagenhafte Geschichten. Einerseits wird erzählt, er sei bei einem Hochwasser, das seinen Hof vernichtet haben soll, umgekommen. Als die Leiche gefunden wurde, wurde er auf dem Friedhof an der ehemaligen Kirche in dem ersten ausgemauerten Grab beigesetzt. Andere berichten, er sei in seinem Büro verstorben. In dieser Nacht habe es in dem Zimmer so laut gepoltert, dass seine Frau um Hilfe gerufen habe. Sie habe noch die Stimme ihres Mannes gehört, der gestöhnt habe: „Frau, das ist die Nacht des Tages Grau.“ Am anderen Morgen habe er tot auf dem Fußboden gelegen. Andere erzählen, er sei schon krank gewesen, als er noch immer auf allen Vieren in die Stube kroch, um zu sehen, ob das Gesinde nicht zu viel aß.

Wie auch immer der Tod kam, die Lahder scheuten sich, an seinem Grab auf der Ostseite der Kirche vorbeizugehen.

Loatet dän oolen Hecker doch
sülmst tau Wure koomen…
So`n poor Weeken sind vergoahn, ik sitte moal wier up de
Bank in Grunne,
et werde bolle Oabend, obert Fehld schinnt de
Noamiddoagssünne.
Ik denk noah oaber vandoage un de Tien vor
mehr als 200 Joahren,
dor ist es mie mit einenmoal wir dür`t Gebeln e foahren
un ehe ik mie so richtig ümmekeeken,
dor kummt van wiehen de oole Hecker dorher e schleeken.
Man kann seggen, wat man will, et schüddet eine doch son beeten,
denn ganz oahne Angst bin ik nich, dat möt Gie weeten.
Ik denke, hei lachet un is ganz froh,
un ik bin neidschierig un gespannt, lache deshalb äbenso
„Da bin ich wieder, einen guten Abend, uns zusammen.
Noch fangen meine Schafe nicht an zu lammen,
so hab ich für eine Viertelstunde Zeit,
denn Ostern, das Fest der Lämmer ist nicht mehr weit.

Inzwischen habe ich mich kundig gemacht
und allerhand Wissenswertes zusammengebracht.
Sie sind also die Ur-Ur-Enkelin von dem
bei meinem Schwiegersohn Engelking
tätigen Großknecht Cord Glissmann,
übrigens ein immer zuverlässiger Mann,
der allezeit mehr als seine Pflicht getan.
Er wohnte, wie Sie sicherlich wissen,
auf dem Vogelbrink in unserem Heuerlingshaus,
dorthin lagerten wir Stroh und Getreide aus.“

„Mit meinem Herrgott stand ich nicht
immer auf Du und Du.
Ich glaube, ich hatte auch einen Grund dazu.
Er gab mir ein schönes Anwesen zum Lehen,
ich dachte, daß er auch Anteil nähme an allem Geschehen;
aber nun überschüttete er mich mit soviel Mißgeschick,
mit anfänglich gut aussehenden Ernten hatte ich kein Glück.
Diese vielen Überschwemmungen machten
oft alle Arbeit zunichte,
manches mal stand ich vor der Wand mit dem Gesichte.
Statt Hilfe schickte er mir in schlafloser Nacht
seinen Erzfeind Luzifer,
der mich fast um den Verstand gebracht.
Die Lahder sagten seither,
ich stände mit dem Teufel im Bunde,
geizig sollte ich dazu noch gewesen sein,
so ging es von Mund zu Mund.

Dabei war es nur der tägliche Kampf ums Überleben,
der mich so gemacht.
Oft stand ich allein, und dann kam über Nacht
dieses schlimme Hochwasser,
das mich dann auch ums Leben gebracht.

Nun habe ich aber genug erzählt,
Sie hätten sich besser einen anderen Partner
auf der Bank ausgewählt.
Tschüss denn, bis später, ich gehe von hinnen,
das weitere müssen Sie machen, nämlich das „Spinnen!“
Übrigens ein Grabgewölbe hatte ich mir
an der alten Kirche schon ausmauern lassen,
aber nicht, um vorbeigehende Lahder
an den Beinen zu fassen.

Das sind Gruselgeschichten, ich war sicherlich
ein nicht alltäglicher Mann,
der sich manches herausgenommen hat bzw. herausnahm,
was dem „kleinen Mann“ im Ort und
auf den Straßen mißfallen hat über alle Maßen.
Die Nachwelt vergißt das Mittelmäßige,
aber die „Geschicht“ bewahrt das Außergewöhnliche.
Wo die Geschichten vom alten Hecker einzuordnen sind,
das überlasse ich denn den Lahdern, mein liebens Kind.“

(Friedel Otto)

Zur Geschichte des Heckerhofes:

Das im Jahr 1163 gegründete Kloster in Loccum hatte im Jahr 1307 das Lahder Marienkloster für 1500 Bremer Silber erworben und zu einem Zweigkloster gemacht. Bald trat die wirtschaftliche Nutzung in den Vordergrund, die aber von Loccum aus zu umständlich war. So entschloss man sich zu einer Aufteilung der Bewirtschaftung auf 5 Höfe. Diese erfolgte 1471 in der Weise, dass neben einem kleineren Klosterhof abgabenpflichtige Meyerhöfe gebildet wurden. Während der Klosterhof seinen Platz östlich der Kirche behielt, wurden den 4 Meyern Plätze westlich der Kirche zugewiesen. Sie erhielten im Urbar aus 1682 entsprechend ihrer Steuerkraft die Nummern 1, 2, 3 und 4. Der Hof Nr. 4 lag zwischen Nr. 1 und der Mühle und wurde um 1700 aufgegeben. Die Gebäude wurden von Meyer 1 aufgekauft.

An die ursprüngliche Lage des Klosterhofes erinnert heute noch die Flurbezeichnung Mönkegarten. Irgendwann zwischen 1500 und 1600 wurde er in die Auewiesen verlegt. Während des 30jährigen Krieges wurde er vom Kloster Loccum verkauft.

Heute ist nicht mehr bekannt, wer als erster den Klosterhof übernahm. Überliefert ist aber, dass 1662 der damalige Besitzer Dr. med. Engering (63 Jahre alt) mit seinem Knecht bei Hochwasser ertrank. Zu damaliger Zeit lag die Lahder Marsch ca. 1 m niedriger und der Lahder Damm war noch nicht gebaut. Die Weser hatte ihr Bett viel

näher an der Ortschaft. In der Folgezeit wechselten die Besitzer bis zum Auftreten des Johann Philipp Hecker um das Jahr 1700. Bei seiner Übernahme war der Hof schon überschuldet. Im Jahr 1739 starb Johann Philipp Hecker. Er hinterließ seine Frau Beate, seine Tochter Anna Catharina und einen Sohn.

Im Jahr 1749 heiratet Johann Heinrich Engelking die Anna Catharina Hecker und wurde Besitzer des Heckerhofes. Er wirtschaftete den verschuldeten Hof wieder hoch. Nach seinem Tode folgte ihm sein Sohn Friedrich Christian, der Bürgermeister von Schlüsselburg war. Um 1830 umfasste der Grundbesitz 184 Morgen, darunter als größte Parzelle das Mönkefeld mit 65 Morgen und die Kuhweide unmittelbar beim Hof. Von der Witwe Engelking erwarb der Petershäger Aktuar Georg Heinrich Stammelbach, der damals auf der Rothenmühle wohnte, den gesamten Besitz für 23.127 Taler und zerstückelte ihn gleich wieder. Als einer der Hauptkäufer trat Nahrwold Nr. 2 auf, denn er erwarb 47 Morgen.

Zum Engelkingschen Hof gehörten einige Gebäude auf dem Vogelbrink. Diese wurden an die Mitarbeiter des Hofes verkauft. Der Heckerhof wurde aufgegeben. Von ihm ist nichts mehr zu sehen.

Lage: Am Schützenhaus vorbei geradeaus in die Marsch, dann halblinks vor den Eichen.

Herausgeber: Ortsheimatpfleger Wilhelm Gerdes mit Unterstützung der Kulturgemeinschaft






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