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Nachtwächter in Lahde

Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 32, Januar 2010)

Natürlich gab es auch in Lahde, wie in den größeren Städten Nachtwächter, die die öffentliche Sicherheit herstellen sollten. Für das 19. Jahrhundert konnte ich zwei Personen in den Akten der Stadtverwaltung feststellen.

1840 Tüting Haus Nr. 48
1844 Neubauer Anton Jung

Der Nachtwächter wurde vom Gemeinderat gewählt und vom Vorsteher verpflichtet. Sein Nachtwächterlohn wurde einmal im Jahr zu Ostern aus der Gemeindekasse ausbezahlt.

Verpflichtung:

Nachdem der Neubauer Anton Jung zum Nachtwächter gewählt und auf Grund des §83 der LGO als solcher bestätigt worden, wurde demselben heute die Obliegenheiten als Nachtwächter bekannt gemacht wie folgt:

A: Im Allgemeinen
Der Nachwächter Anton Jung muss sämtlich zur Beschützung und Abwendung jeder Gefahr, sei es an der Person oder an dem Eigentum eines jeden Dorfeinwohners bereit sein und vorzugsweise alle Nächte wachen und sich durch ein ordentliches Betragen die Zufriedenheit der Einwohner zu erwerben suchen.

B: Im Besonderen
I:Es muss der Nachtwächter in dem Zeitraum von Ostern bis Michaeli in jeder Nacht 5 Stunden, also von 10 Uhr abends bis 3 Uhr morgens und in den Wintermonaten, nämlich von Michaeli bis Ostern in jeder Nacht 6 Stunden und zwar von abends 10 Uhr bis morgens 4 Uhr im ganzen Dorfe selbst bis zu den entferntest liegenden Häusern herumgehen und seine Wachsamkeit durch dreimaliges Blasen auf dem Horne anzeigen.

II: Jeden Fremden oder Verdächtigen muss derselbe sofort anhalten und wenn dieser sich über sein Vorhaben nicht vollständig legitimieren kann, sogleich zum Vorsteher führen.

III: Findet derselbe jemanden auf schlechten Wegen, sei es in der Absicht zu stehlen, Brand zu stiften oder sonst ein Verbrechen zu begehen oder Unfug anzurichten, so muss der Nachtwächter solche Straftäter sogleich festhalten, wobei er sich gegebenenfalls schnelle Hilfe zu verschaffen hat. Solche Personen sind gleichfalls dem Vorsteher zu überliefern.

IV: Bei Ausbruch eines Brandes ist es die Pflicht des Nachtwächters sofort Lärm zu machen und die Bewohner des Dorfes schleunigst zu wecken.

V: Für seinen Dienst erhält der Nachtwächter Jung jährlich 13 Taler nach den Beschlüssen der Gemeindeversammlung

Es wurden dann dem Nachtwächter die Wichtigkeit und Gültigkeit eines Eides nach Anleitung der königlich gesetzlichen Verordnungen bekannt gemacht und sodann mit Abnahme des Eides wie folgt verfahren:

Ich Anton Jung schwöre zu Gott dem Allmächtigen und Allwissenden einen leiblichen Eid, dass nachdem ich von der Gemeinde Lahde auf unbestimmte Zeit zum Nachtwächter dieser Gemeinde bestellt wurde, ich Seiner Majestät und König von Preußen, meinem allergnädigsten Herrn treu und gehorsam sein, die mir obliegenden und mir oben verständigten Pflichten treu und gewissenhaft erfüllen und genau befolgen und mich in allen Stücken so verhalten und betragen will, wie es einem treuen und rechtschaffenen Diener geziemt und gebührt.

So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum zur ewigen Seligkeit. Amen

Anton Jung hat diesen Eid geleistet und eigenhändig unterschrieben.

               XXX                      (Anton Jung konnte nicht schreiben und machte deshalb 3 Kreuze)

Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 19. März 1847

Da wir einen in seinem Dienst pünktlichen, so wie auch treuen und redlichen Nachtwächter haben, so wurden von dem Vorsteher Struckmann die Gemeindeverordneten eingeladen und die unten aufgeführten erschienen und wurden befragt, ob wir uns nicht entschließen wollten, dem Nachtwächter Jung einen Mantel zu geben, weil derselbe nicht im Stande ist, aus eigenen Mitteln sich für die winterlange Nacht das wollene Zeug anzuschaffen, und der Mantel solange in seinem Gebrauch zu halten, wie er für die Gemeinde Lahde Nachtwächter sei. So wurde nach vorheriger Beratung beschlossen, dass Jung der Mantel sollte gegeben werden und die Kosten aus der Communalkasse Lahde genommen werden möchte, worum wir das hochlöbliche Amt bitten, eine Anweisung von 8 Talern 20 Groschen laut beiliegender Rechnung vom Communalrendanten Herrn Rohlfing erbitten.

Es würde demnächst dem Schneidermeister Saxowsky der Auftrag gegeben, den erwähnten Mantel auf Rechnung zu verfertigen, so würde, nachdem die Arbeit gemacht, der Mantel abgenommen, und da das Zeug und die Arbeit untadelhaft war, Zuschlag bewilligt.

Vorsteher Struckmann
Verordnete: Pohlmann
Lange
Helle
Koch

In einem Protokoll vom 2. Februar 1857 taucht der Name Jung erneut auf:

Vom unterschriebenen Vorsteher wurde der hiesige Gemeinderat einberufen, um zu beschließen wegen der Verpflegungsgelder der Dannenbergskinder aus der Gemeindekasse für hiesige Gemeinde ausweisen zu wollen

So wurde einstimmig beschlossen: Für den Sohn Rudolph dem Neubauer Jung 12 Groschen

Wo wohnte der Neubauer Jung?

Lahde, den 5. Juni 1861

In der heutigen Versammlung der hiesigen Gemeindeverordneten wurden nach vorheriger Beratung folgende Beschlüsse gefasst:

Die vorherige Beschwerde des Maurers Kahde hierselbst über die schlechte Beschaffenheit und beschränkte Passierbarkeit des Weges am Mönkegarten kann als vollständig begründet nicht anerkannt werden. Auf der heute vorgenommenen örtlichen Besichtigung hat sich herausgestellt, dass der fragliche Weg bei Lohmeier seiner unbedeutenden Abschüssigkeit wegen wohl zu passieren ist, jedoch müssen,

I: Die unterhalb der Grenze neugepflanzten Pappeln, dem Colon Struckmann Nr. 36 gehörig, wieder entfernt.

II: Der Neubauer Jung die dem Wege zu nahe gerückte trockenen Hecke bis auf die Grenze zurückgezogen, dessen grüne Hecke etwas aufgeräumt und der längs dieser Hecke liegende Grand wieder fortgeschafft. Usw.

Nachtwächter und Neubauer Anton Dietrich Jung geb. 10.5.1802 wanderte 1864 mit Charlotte, Friederike Wilhelmine geh. Meyer 51 Jahre alt nach Nordamerika aus.

Herausgeber: Ortsheimatpfleger Wilhelm Gerdes mit Unterstützung der Kulturgemeinschaft Lahde






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