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Schriftverkehr anno 1832

Lahde einst und jetzt
von Wilhelm Gerdes
(Ausgabe 31, Oktober 2009)

Andere Zeiten andere Sitten. So sagt man. Oder auch andere Zeiten andere Probleme. In den Akten, die in der Stadtverwaltung Petershagen verwahrt werden, ist folgender Vorgang festgehalten:

Wohlgeborener Herr, hochzuehrender Herr Cantons Beamter.

Unterm 13. d. Monats habe ich den Vorsteher Kanne zu Quetzen schriftlich aufgefordert und gebeten, er möchte doch
dafür sorgen, dass der Lahder Kirchhof, vor Meyer Nr. 1 seinem Hof zu Lahde, welche Stelle nach genauer
Erkundigung von der Bauerschaft Quetzen zugemacht werden muss, befriedigt würde. Diese ist aber von gedachter Bauerschaft noch unbeachtet geblieben. Da nun alle Tage die Säue auf dem Kirchhof weiden und wühlen und das 
Weiden des Viehs auf Kirchhöfen von der Königlich Regierung sehr streng untersagt ist, so zeige ich Euch Wohlgeboren dies gehorsamst an und bitte zugleich, dass die offene Stelle des Lahder Kirchhofs, welche die Einwohnerschaft Quetzen zumachen muss, auf deren Rechnung baldmöglichst zugemacht wird. Zugleich zeige ich Euch Wohlgeboren auch noch gehorsamst an, welches ich zwar im vorigen Sommer schon mündlich getan habe, dass das Dach meiner Dienstwohnung sehr schadhaft ist, und es fast allenthalben durchregnet, dass der Fußboden sehr leicht faulen muss, wenn der Fehler nicht bald ausgebessert wird. So wie auch, dass in meinem Wohnzimmer ein neues eisernes Ofenrohr sein muss, indem das alte nicht mehr repariert werden kann. Ich glaube, am vorteilhaftesten wäre, wenn ein Rohr aus Gusseisen eingesetzt würde, weil diese dauerhafter sind als die aus Eisenblech. Auch diese Reparaturen meines Hauses wollen Eure Wohlgeboren gütigst veranlassen, dass solches spätestens vor dem Ende dieses Jahres gemacht würde.

Es empfiehlt sich
Euer Wohlgeboren
ergebenst
Ihr Schullehrer und Kantor Althoff
Lahde, dem 30. April 1832

Der Cantons Beamte Weishuhn mit Amtssitz in Aminghausen weist Maurermeister Herbig aus Lahde an, die Reparaturen des Wohnhauses des Kantors auszuführen.

Wenige Wochen später wird der Schullehrer und Kantor Althoff energischer und schreibt an Weishuhn:

Euer Wohlgeboren,

zeige ich hiermit gehorsamst an, dass die offene Stelle am hiesigen Friedhof noch nicht von den Beteiligten der Bauerschaft Quetzen eingefriedigt worden ist. Sie sollen hiermit verfügen, damit der Unfug auf dem hiesigen Gottesacker aufhört.

Hochachtungsvoll
Euer Wohlgeboren
ergebenst
Althoff
Lahde, 23. May 1832

Weishuhn beordert darauf den Polizeidiener Minden zum Vorsteher Kanne nach Quetzen, um sich die Namen derjenigen geben zu lassen, die am 16. des Monats um 9 Uhr die Reparatur bewerkstelligen sollen.

Die Quetzer weigern sich, die erforderliche Arbeit auszuführen. Sie hätten die finanziellen Mittel nicht zur Verfügung und im Übrigen keine Zeit. Als sich Lahdes Pastor Schmidt einschaltet und auf die jahrelange Tradition hinweist, dass Kirchhof und Pfarrgarten den Ortschaften des Kirchspiels als Aufgabe zuständen, weigern sich auch die Lahder. Es wird dann eine Ortsbesichtigung anberaumt, bei der die Grenzen des Friedhofs und des Pfarrgartens neu und gerechter aufgeteilt werden sollen, Colon Meyer Nr. 1 und Colon Minnemann als Vertreter der Lahder Gemeinde stimmen nicht zu. Vorsteher Pohlmann versucht noch einen Kompromiss. Aber er scheitert auch. Daraus ist eine 40 seitige Akte entstanden. Eine Lösung des vom Schullehrer und Kantor Althoff losgetretenen Problems wird nicht gefunden.

Auf die Idee, Colon Meyer Nr. 1 zu bitten, auf seine Schweine besser aufzupassen, ist niemand gekommen.

Das Handeln fürs Gemeinwohl war in der damaligen Zeit groß geschrieben. Es war selbstverständlich, dass jede Bauerschaft bei größeren Baumaßnahmen mit Hand- und Spanndiensten zur Verfügung stand. Der Ausbau und die Befestigung von Straßen wäre ohne diese Arbeiten nicht möglich gewesen. Die großen Vorhaben der damaligen Zeit: Straße von Lahde über Bierde nach Wiedensahl, Straße von Bückeburg über Quetzen über Lahde zur Weser, der Lahder Damm, Bau der Lahder Kirche 1893 usw. geschah auf diese Weise.

Selbst nach 1945 waren Hand- und Spanndienste bei Ausbau von Straßen noch selbstverständlich. Der Ausbau der Schulstraße in Lahde wurde so hergestellt. Jeder Einwohner von Lahde war zu seiner Mitarbeit aufgefordert. Die Amtsverwaltung überwachte diesen Dienst. Man konnte sich nur durch eine Zahlung von Geldbußen für nicht geleistete Arbeitsstunden freikaufen.

Bahnhof Lahde

Ca. 80 Jahre später war eine andere Zeit. Man dachte nicht mehr an Schweine auf dem Friedhof und die Folgen daraus. Der Fortschritt hielt in Lahde Einzug. Die Eisenbahn kommt. 1921 wurde der Bahnhof in Lahde gebaut.

Beim Umbau des Bahnhofs im Jahre 2004 wurde die folgende briefliche Nachricht von der ausführenden Baufirma KDK gefunden. Es liest sich wie eine inoffizielle Grundsteinlegung:

Falls Sie diese Schrift nicht lesen können, hier die Deutung:

Lahde, den 24. Mai 19…

Dieser Bau ist gemacht von Meister Rodenbeck aus Lahde. Es arbeiten an diesem Bau die Zimmerarbeit Wilhelm Rippe mit seinem Sohn Fritz aus Quetzen, die Maurerarbeiten Herbig Ilserheide, Graue Ilse, Witte Bierde, Brase Lahde, Büsching Ilserheide, Lange Lahde, Sackhoffski Lahde.

Arbeiter Fritz R…g… Bierde, Fähling Lahde, Möhlenbrock Lahde, Sackhoffski Lahde

Herzlichen Gruß diesem Finder

Herausgeber: Ortsheimatpfleger Wilhelm Gerdes mit Unterstützung der Kulturgemeinschaft






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